Hierbei stellen sich insbesondere die folgenden Fragen:
Verpflichtete Personen
Die Regelung in § 11 PAngV betrifft Unternehmer im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern. Sie gilt also nicht im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (sog. „b-2-b“). Die Regelung gilt auch nicht unternehmensübergreifend innerhalb eines Konzerns. Wenn somit eine Gesellschaft A ein Ladengeschäft betreibt, muss sie nicht den niedrigsten vorherigen Gesamtpreis eines konzernverbundenen Unternehmens B angeben, welches den Onlineshop betreibt.
Ferner wird – allerdings ohne weitergehende Begründung – in der juristischen Literatur teilweise eine noch engere Betrachtungsweise vertreten (siehe z.B. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 11 PAngV Rn. 9 ff.): Der niedrigste vorherige Gesamtpreis beziehe sich immer nur auf den jeweiligen Verkaufskanal (z.B. Online-Shop / Ladengeschäft), auch wenn diese durch dasselbe Unternehmen betrieben werden. Die Entwicklung zu dieser Frage in der Rechtsprechung bleibt abzuwarten.
Zeitraum der letzten 30 Tage
Fraglich ist, ob darauf abzustellen ist, dass ein niedrigster Gesamtpreis innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von 30 Tagen (sog. „Dauerlösung“) oder zu einem beliebigen Zeitraum innerhalb der letzten 30 Tage (sog. „punktuelle Lösung“) gefordert wurde.
U.E. dürfte sich die Ansicht einer punktuellen Betrachtung der Preisgestaltung innerhalb der letzten 30 Tage durchsetzen.
Relevant ist also der niedrigste Gesamtpreis, den ein Unternehmer während eines beliebigen Zeitraums innerhalb der letzten 30 Tage vor Rabattbeginn des aktuellen Rabattzeitraums gefordert hat. Dieser 30 Tages-Zeitraum bleibt für den gesamten Rabattzeitraum der relevante Vergleichszeitraum.
Mehrere Rabattaktionen innerhalb eines 30-Tages-Zeitraums
Im Falle einer einheitlichen Rabattaktion, also einer Steigerung der Rabatthöhe innerhalb eines einheitlichen Rabattanlasses (z.B. End-Of-Season-Sale mit zeitlich ansteigendem Rabatt), ist als bisheriger niedrigster Gesamtpreis derjenige aus dem Zeitraum von 30 Tagen vor Beginn der einheitlichen Rabattaktion anzugeben, nicht der Preis nach der ersten Rabattstufe.
Im Falle einer einheitlichen Rabattaktion mit Unterbrechung (also zwischenzeitliche Rückkehr zum “ Normalpreis“) oder im Falle inhaltlich unzusammenhängender Rabattaktionen innerhalb der letzten 30 Tage (z.B. Black-Friday-Sale und anschließender End-Of-Season-Sale) ist demgegenüber der bisherige niedrigste Gesamtpreis der Preis der ersten Rabattstufe / Rabattaktion.
Sortimentsrabatte
Noch ungeklärt ist, was im Falle pauschaler Preisreduktion auf das gesamte Sortiment (z.B. „20 % auf alles“) oder bei Rabattaktionen für Inhaber von Kundenkarten etc. gilt. Nach dem Wortlaut des § 11 PAngV n.F. müsste im Falle einer solchen Werbung für jedes der pauschalen Rabattierung unterfallende Produkt der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage angegeben werden. Dies dürfte zu einem ganz erheblichen Aufwand auf Seiten der Unternehmen führen.
Rabattberechnung/Verhältnis zum UWG
In Deutschland besteht eine langjährige Rechtsprechung zu der Frage der Zulässigkeit von Werbung mit Rabattpreisen.
Rabattwerbung ist zulässig, wenn der Unternehmer den ursprünglichen Preis, auf welchen sich die Rabattierung oder Preisgegenüberstellung bezieht, ernsthaft und über angemessen lange Zeit vor der Rabattwerbung verlangt hat (selbst wenn zwischenzeitlich ein Rabatt angewendet wurde). Verboten ist also die Rabattwerbung bezogen auf Mondpreise oder nur für einen ganz kurzen Zeitraum geforderte (teurere) Preise. Auch eine Gegenüberstellung mit dem gültigen UVP des Herstellers kann vorgenommen werden, wenn für den Verbraucher ersichtlich ist, dass es sich um die Preisempfehlung des Herstellers und um nicht den bisherigen Preis des Unternehmers handelt.
Offen ist, ob die Regelungen in § 11 PAngV die bestehenden lauterkeitsrechtlichen Vorgaben zur Werbung mit Preissenkungen ersetzen oder neben diesen bestehen soll. Richtigerweise stehen die neuen Regelungen in § 11 PAngV den bestehenden (aus dem UWG entwickelten) Regelungen zur Rabattdarstellung nicht entgegen. Es kann also weiterhin mit dem Rabatt im Verhältnis zum „Normalpreis“ geworben werden, wenn – soweit sich Abweichungen ergeben – daneben der innerhalb der letzten 30 Tage geforderte niedrigste Gesamtpreis nach § 11 PAngV angegeben wird.
Fazit
Wie so oft bei Gesetzesänderungen bleiben noch einige offene Fragen bei der Auslegung von § 11 PAngV n.F.. welche die Rechtsprechung in den nächsten Jahren zu klären haben wird.