Worum handelt es sich bei einem NFT? NFTs sind mittels Blockchain-Technologie generierte, einzigartige Verschlüsselungscodes, die eine Überprüfung der Authentizität und des Eigentums des daran geknüpften Kunstwerks ermöglichen – von überall her. Ein NFT ist weder eine Sache noch ein Recht. Man kann sie jedoch mit sämtlichen Werkarten verknüpfen, von einem digitalen oder analogen Werk der bildenden Kunst bis hin zu einem Song, einem ganzen Album oder einem Modeartikel. Durch die Tokenisierung wird der an sich rechtlich neutrale Token[1] mittels einer rechtlichen Verknüpfung mit einem sich außerhalb der Blockchain befindlichen Vermögenswert „aufgeladen“. Im Gegensatz zu Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum sind NFTs jedoch nicht austauschbar („Fungible Token“), da sie über einen eindeutigen Identifikationscode und Metadaten verfügen, die einen NFT von einem anderen unterscheiden. Es ist weiterhin möglich, mittels sog. „smart contracts“ Vertragsbedingungen in einen NFT einzubauen, in denen z.B. Verkaufsbeteiligungen festgelegt werden, über die der Künstler bei einem Weiterverkauf automatisch einen bestimmten Prozentsatz des Weiterverkaufspreises erhält. Ferner hat diese Art des Handels den Vorteil für den Künstler, dass es für den Verkauf keines Zwischenhändlers bedarf, um die Werke zusammen mit den NFTs zu verkaufen.
Während es aus rechtlicher Sicht noch diverse, derzeit noch nicht abschließend geklärte Fragen im Zusammenhang mit NFTs gibt, z.B. die Plattformbindung oder Serverresilienz für deren Handelbarkeit, soll im Folgenden kurz darauf eingegangen werden, inwieweit sich NFTs auf bestehende Immaterialgüterrechte auswirken.
Rechte können sowohl an dem NFT selbst als auch an dem damit verknüpften Werk zu berücksichtigen sein. Zunächst können an dem NFT, sprich seinem Code, Urheberrechte bestehen. Nachdem jeder NFT einzigartig ist und u.a. über smart contracts mit diversen Klauseln ausgestaltet werden kann, spricht viel dafür, dass der dem NFT zugrunde liegende Code als Computerprogramm urheberrechtsfähig ist. Dazu kommt dann noch das mit dem NFT verknüpfte Werk, für das ebenfalls Urheber-, Design- oder Markenrechte in Anspruch genommen werden können. Und hier beginnen bereits die Fragen: Wenn man ein NFT erwirbt, erwirbt man damit gleichzeitig auch alle Rechte an dem damit verknüpften Werk? Oder – falls hier Urheberrechte an dem besagten Werk bestehen sollten – nur einfache Nutzungsrechte? Zumindest nach deutscher Leseart kommen Eigentumsrechte an digitalen Werken nicht in Betracht; ein solches könnte nur an dem Datenträger erworben werden, wenn sich das mit dem NFT verknüpfte Werk darauf befindet. Die Urheberpersönlichkeitsrechte und ggf. die weiteren Nutzungs- und Verwertungsrechte liegen jedenfalls originär beim Urheber. Der Käufer eines NFTs, das mit einem digitalen Werk verknüpft ist, erwirbt somit nur ein Nutzungsrecht daran. Der genaue Umfang dieses Nutzungsrechts müsste sich aus den smart contracts entnehmen lassen, wenn dieser Punkt darin geregelt ist. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Man merkt schnell, da müsste mehr geregelt werden, als nur die Verknüpfung mit einem bestimmten Werk.
Wie sieht es aus, wenn die Rechte der mit einem NFT verknüpften Werke bei einem Dritten liegen? Grundsätzlich ist es gemäß § 16 Abs. 1 UrhG allein dem Urheber eines Werks gestattet, Vervielfältigungsstücke seines Werkes, und somit eine einem NFT zugeordnete Kopie seines Werkes zu erstellen. Aber wie sieht die Rechtslage aus, wenn die Rechte an einem Werk nicht bei dem Ersteller des NFT liegen? Ein solcher Fall wird derzeit in den USA im Fall Hermès International u.a. ./. Mason Rothschild ausgefochten (https://www.documentcloud.org/documents/21181175-hermes-international-vs-mason-rothschild?responsive=1&title=1), bei dem die Klägerin ihre berühmte Handtaschen-Marke „BIRKIN“ in den NFTs von Herrn Rothschild verletzt sieht, die gerade diese Birkin-Taschen – in diversen Designs – zum Gegenstand haben. Hermès sieht hier nicht nur ihre bekannte Marke, sondern auch das weltweit bekannte Design der Birkin-Tasche durch die unberechtigte Übernahme durch Herrn Rothschild verletzt, der daraus Profit zu schlagen versucht. Hohe Wellen schlug auch ein Fall in UK, wo ein vermeintlicher Bansky NFT für GBP 244.000 erworben wurde, der jedoch gar nicht von dem Künstler Bansky stammte (https://www.theguardian.com/technology/2021/sep/01/collector-buys-fake-banksy-nft-for-244000). Mittels NFT vermag die Echtheit eines Werks nachgewiesen werden können, nicht jedoch, dass die Rechte an dem damit verknüpften Werk auch beim Ersteller des NFTs liegen. Allein der Umstand, dass ein Werk mit einem NFT verknüpft wird, ändert nichts an der grundsätzlichen Prämisse, dass Rechte Dritter nicht ohne entsprechender Erlaubnis des jeweiligen Rechteinhabers genutzt werden dürfen. Insbesondere bei bekannten Marken oder Designs können hier neben den einschlägigen Ansprüchen aus dem Marken- oder Geschmacksmustergesetz auch Ansprüche wegen unlauteren Verhaltens zur Anwendung kommen, wenn für die Erstellung eines NFTs keine entsprechenden Nutzungsrechte vom Rechteinhaber eingeholt wurden. So gibt es Konstellationen, in denen man zwar einerseits mittels NFT nachweisen kann, dass man Inhaber des damit verknüpften Werkes ist; gleichzeitig aber damit die Rechte Dritter verletzt, da für die Erstellung des NFTs keine Rechte vom Berechtigten eingeräumt wurden und diese auch nicht gutgläubig erworben werden können.
Fakt ist, NFTs liegen derzeit global im Trend. Ob dieser Trend anhalten wird, ist offen. Jedoch birgt die Einführung von NFTs das Potenzial, die Digitalisierung in diversen Bereichen voranzutreiben, und zwar nicht nur für die Schaffenden von Kunstwerken, sondern auch für so unterschiedliche Nutzer wie Behörden oder Eventveranstalter. So könnte mittels dieser Technologie z.B. auch die Echtheit von Impfzertifikaten, Eintrittskarten für Musik- oder Sportveranstaltungen, digitale Ausweisdokumente uvm. sichergestellt werden.
Was jetzt jedoch schon feststeht, sind die mannigfaltigen juristischen Fragestellungen bei der Kommerzialisierung dieser Form der Blockchain-Technology, wenn es um Inhaberschaft, Rechte Dritter, das anwendbares Recht oder die Durchsetzung etwaiger Ansprüche geht. Ein Blockchain-Netzwerk ist dezentralisiert und auf vielen Computern in verschiedenen Ländern gespeichert, so dass es ohne entsprechende Regelung im Rahmen des NFT nicht gesichert ist, welches Recht zur Anwendung kommen soll. Die fälschungssichere Zertifizierung durch den NFT ist für den Inhaber des damit verknüpften Werkes natürlich von Wert; allerdings ist damit nicht automatisch gewährleistet, dass der Originator des NFTs auch berechtigt war, ein bestimmtes Werk damit zu verknüpfen. Alles in allem ein sehr reichhaltiger Nährboden nicht nur für Investoren und Kreative, sondern auch für Legislative und Judikative, die berufen sind, vielfältige regulatorische und materiell-rechtliche Fragestellungen zu klären.
Wir von Preu Bohlig werden für Sie zu dem Thema weiterhin am Ball bleiben.
[1] Ein Token (englisch: Zeichen, Marke, Münze) repräsentiert einen Vermögenswert, Vermögensgegenstand oder ein Wirtschaftsgut. In der Welt der Kryptowährungen sind Token grundlegende Bausteine für Operationen mit Kryptowerten. Als Krypto-Token bezeichnet man eine digitalisierte, auf einer Blockchain dezentral gespeicherte Abbildung von Vermögenswerten. Ihnen wird eine bestimmte Funktion oder ein bestimmter Wert zugesprochen. Diese Werte können unterschiedlichste Eigenschaften, Funktionalitäten oder Rechte darstellen (siehe https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_wa_merkblatt_ICOs.pdf?__blob=publicationFile&v=1).