Die Entscheidung erging auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs in Finnland zur Frage der Abgrenzung der Benutzung einer Marke im geschäftlichen Verkehr von rein privatem Verhalten, insbesondere wenn eine Privatperson die Marke für einen anderen im Rahmen von dessen geschäftlichen Verkehr benutzt. Weitere Fragen betrafen den Empfang und die Verwahrung von in einem Mitgliedstaat versandten und dort in zollrechtlich freien Verkehr überführten Waren und die folgende Übergabe zur Beförderung in ein Drittland außerhalb der Europäischen Union zum dortigen Weiterverkauf.
Im Ausgangsverfahren hatte eine in Finnland ansässige natürliche Person „B“ aus China eine Sendung von 150 Kugellagern, die fälschlicherweise mit einer Marke eines Dritten gekennzeichnet waren, erhalten. Nach Abschluss der Zollabwicklung brachte B die Ware vom Zolllager des Flughafen Helsinki zu sich nach Hause. Ein paar Wochen später wurden die Kugellager einem Dritten übergeben, um nach Russland ausgeführt zu werden. B war nur als Vermittler an der Lagerung der rechtsverletzenden Waren beteiligt. Als Gegenleistung erhielt er lediglich eine Stange Zigaretten und eine Flasche Cognac.
Im Rahmen eines durchgeführten Strafverfahrens wegen Markenrechtsverletzung wurde B mit der Begründung freigesprochen, dass ihm kein vorsätzlicher Rechtsverstoß nachgewiesen werden könne. Allerdings untersagte das Gericht B eine Fortsetzung oder Wiederaufnahme des betreffenden Verhaltens und verurteilte B zur Zahlung von Schadensersatz an die Markeninhaberin. Gegen dieses Urteil legte B Rechtsmittel ein.
Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, Herr B habe nicht in der Absicht gehandelt, einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen und dass das „Entgelt“, das B erhalten habe (Zigaretten und eine Flasche Cognac) nur die Gegenleistung für die Zwischenlagerung der Waren für Rechnung eines Dritten darstelle. Demzufolge habe B das Zeichen nicht im geschäftlichen Verkehr benutzt; Schadensersatzansprüche seien unbegründet. Hiergegen wiederum legte die Markeninhaberin Rechtsmittel zum Obersten Gerichtshof in Finnland ein, welcher dem Europäischen Gerichtshof den Fall zur Klärung des Begriffs „Benutzung im geschäftlichen Verkehr“ im Sinne von Art. 5 (1) und (3) c) der Richtlinie 2008/95 (aufgehoben und ersetzt durch Richtlinie (EU) 2015/2436 vom 16.12.2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken) vorlegte.
Der Oberste Gerichtshof wies dabei darauf hin, dass der EuGH im Urteil vom 16.07.2015 (C-379/14 – TOP Logistics) entschieden habe, dass der Eigentümer eines Steuer- und Zolllagers, der lediglich für einen Dritten Waren einlagere, auf denen ein mit einer Marke identisches oder dieser ähnliches Zeichen angebracht sei, dieses Zeichen nicht benutze. Die Frage war, ob diese Rechtsprechung entsprechend auf das Ausgangsverfahren übertragen werden könne, in der eine Person für eine Flasche Cognac und Zigaretten Waren für Rechnung eines Dritten eingeführt, verwahrt und zwischengelagert habe, bevor diese zum Weiterversand in einen Drittstaat abgeholt wurden.
Des Weiteren gehe aus der Rechtsprechung des EuGH nicht eindeutig hervor, ob es sich bei der Höhe des wirtschaftlichen Vorteils, den eine Privatperson durch eine behauptete Markenrechtsverletzung erlange, um ein Kriterium handele, das für die Bedeutung, ob eine Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr vorliegt, relevant sei.
Der oberste Gerichtshof unterbreitete vier Vorlagefragen, welche wie folgt zusammengefasst werden können: Kann von einer Benutzung einer Marke im geschäftlichen Verkehr durch eine Person ausgegangen werden, welche für einen bestimmten Vorteil Waren, die offensichtlich nicht für die private Benutzung bestimmt sind, für Rechnung eines Dritten eingeführt, verwahrt und zwischengelagert hat, bevor diese zum Weiterversand in einen Drittstaat abgeholt wurden?
In seiner Antwort auf die Vorlagefragen merkt der EuGH vorab an, dass die Frage der „Benutzung im geschäftlichen Verkehr“ im Sinne von (nunmehr) Art. 10 (2) der Richtlinie allein anhand objektiver Kriterien zu beantworten sei. Die Rechte des Markeninhabers können grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit geltend gemacht werden. Weisen die Tätigkeiten aufgrund ihres Umfangs, ihrer Häufigkeit oder anderer Merkmale über die Sphäre einer privaten Tätigkeit hinaus, bewege sich der Verkäufer im Rahmen des geschäftlichen Verkehrs.
Die gegenständlichen Kugellager wogen 710 kg und waren somit offensichtlich nicht zur privaten Nutzung bestimmt. Entsprechend seien diese Geschäfte als Teil einer geschäftlichen Tätigkeit anzusehen.
Eine Person, die ihre Anschrift als den Ort mitteile, an den die betreffenden Waren versandt werden sollen, die die Zollabwicklung für diese Waren vornimmt oder vornehmen lässt und sie in den freien Verkehr überführt, nimmt eine „Einfuhr“ im Sinn von Art. 10 (3) c) der Richtlinie vor (vormalig Art. 5 (3) c)), ungeachtet ob der Import auf Betreiben dieser Person erfolgt sei.
Dabei weist der EuGH darauf hin, dass die Tatsache, dass eine Person solche Waren eingeführt und in den freien Verkehr überführt hat, für die Feststellung eines Handelns im geschäftlichen Verkehr ausreiche, ungeachtet dessen, wie später mit den Waren verfahren werde (z.B. Zwischenlagerung oder Inverkehrbringen innerhalb der Union oder Ausfuhr in einen Drittstaat.
Es kommt für die Annahme einer Benutzung im geschäftlichen Verkehr nicht darauf an, dass die Privatperson die Marke nicht im eigenen geschäftlichen Verkehr benutzt hat, sondern als Vermittler im wirtschaftlichen Interesse eines Dritten. Die Beurteilung einer Benutzung erfolgt ungeachtet der Eigentumsverhältnisse an den Waren.
Die Höhe des Entgelts, das eine Person als Gegenleistung für ihre Tätigkeit erhalten hat, ist schließlich für die Beurteilung des Vorliegens der „Benutzung einer Marke im geschäftlichen Verkehr“ irrelevant.
Vor diesem Hintergrund hält der EuGH fest, dass die Benutzung einer Marke im geschäftlichen Verkehr die Annahme und Verwahrung rechtsverletzender Ware zugunsten Dritter zum Zwecke des Weiterverkaufs in ein außereuropäisches Land umfasst, selbst wenn diese Handlungen durch einen Vermittler folgen, welcher nicht im beruflichen Verkehr handelt.
Dieses Urteil stellt einen weiteren Schritt zur Sicherung der Rechte von Markeninhabern bei der Einfuhr rechtsverletzender Waren in die Europäischen Union dar. Der Handlungsspielraum von Fälschern durch Einschaltung von Privatpersonen als Vermittler wird hiermit eingeschränkt.