Die Rechtslage rund um die Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern bei Schönheitsoperationen ist in Deutschland klar durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) geregelt. Das HWG untersagt grundsätzlich die Publikumswerbung mit Vorher-Nachher-Bildern in der Medizin. Gemäß § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG darf für operative plastisch-chirurgische Eingriffe nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch eine vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden.
Solche vergleichenden Bilder findet man hauptsächlich online, auf den Internetseiten oder auch immer häufiger auf den sozialen Medienkanälen (Instagram, TikTok etc.) der jeweiligen Praxen/Kliniken. Der Gesetzgeber sieht in solchen Bildern ein hohes Risiko der Irreführung. Der Grund dafür ist, dass die Ergebnisse einer Schönheitsoperation individuell stark variieren können und somit nicht allgemeingültig sind. Es soll eine unsachliche und suggestive Beeinflussung des medizinischen Laien verhindert werden.
Das OLG Koblenz (Urteil vom 23.04.2024, Az. 9 U 1097/23) musste sich jüngst mit Vorher-Nachher-Bildern befassen, mit denen eine Klinik auf ihrer Website für eine Lippenunterspritzung mit Hyaluronsäure warb.
Die Beklagte – eine Spezialklinik für ästhetische Chirurgie – war der Ansicht, dass es sich hierbei nicht um eine Darstellung im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG handelt. Dies begründete sie damit, dass erkennbare reale Bezugspunkte bei einem Avatar fehlen und somit auch keine suggestive Wirkung beim Menschen einhergehe. Der Begriff „Darstellung“ im Rahmen des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG sei zu unbestimmt und beschränke die Möglichkeit der Beklagten, potenzielle Patienten über das Ergebnis des vorzunehmenden Eingriffs zu informieren.
Das OLG Koblenz bestätigte die Rechtsauffassung des LG Mainz, wonach § 11 HWG keine fotorealistische Darstellung von Personen verlange. Der Wortlaut der Norm verlange lediglich eine „Darstellung“, welche bereits bei einer erkennbaren Darstellung des menschlichen Körpers gegeben sei. Technik, Stil oder Art der medialen Wiedergabe seien in diesem Zusammenhang irrelevant. Darüber hinaus sei auch zu berücksichtigen, dass gerade schematisierende oder stilisierende Darstellungen ganz besonders dazu geeignet sind, eine Suggestivwirkung zu entfalten. Denn gerade solche Karikaturen geben Erscheinungsbilder oftmals drastisch wieder.
Der Begriff der Darstellung ist daher bewusst weit gefasst und soll sämtliche Abbildungen, die visuell wahrgenommen werden können, erfassen. Dazu gehören somit auch computergenerierte Bilder, sogenannte Avatare, die mithilfe von Software erstellt werden, um eine Veränderung des Erscheinungsbildes vor und nach einer Schönheitsoperation zu zeigen. Der weite Begriff der „Darstellung“ soll Umgehungen verhindern und Patienten vor einer unsachlichen und suggestiven Beeinflussung schützen. Der Schutz der oft noch sehr jungen Patienten ist besonders wichtig in Zeiten, in denen die Reichweite ästhetischer Kliniken durch Social Media stetig wächst.