Bei Abmahnungen im gewerblichen Rechtsschutz ist es üblich, dass der Anspruchsinhaber der Abmahnung eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beifügt. Sollte der Anspruchsinhaber in einer solchen vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung den uneingeschränkten Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs verlangen, so führt dies nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23.07.2020 zur Unwirksamkeit einer Vereinbarung über die Zahlung einer Vertragsstrafe. Das Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist zum Beispiel abgedruckt in GRUR-RR 2020, Seite 556 ff.
Die Verletzung eines gewerblichen Schutzrechtes, ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und/oder ein Verstoß gegen das Urheberrecht begründen eine Wiederholungsgefahr für künftige Verletzungshandlungen und damit einen Unterlassungsanspruch. Die Wiederholungsgefahr kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass der Verletzer eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verletzungserklärung abgibt. Der Verletzer verpflichtet sich damit, es zu unterlassen, eine bestimmte Handlung vorzunehmen, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe zu bezahlen. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wird dabei nicht schon durch eine einseitige Erklärung des Verletzers begründet, sondern setzt den Abschluss eines Vertrages voraus. Für das Zustandekommen eines solchen Vertrages gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des BGB. Wird der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, so liegt darin das Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages mit diesem Inhalt i. S. d. § 145 BGB. Sollte der Schuldner diese vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ohne Änderungen unterzeichnen und an den Anspruchsinhaber zurücksenden, so kommt damit der Vertrag zustande mit der Folge, dass der Anspruchsinhaber bei künftigen Verstößen die vereinbarte Vertragsstrafe verlangen kann. Sollte der Verletzer eine abgeänderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben, so liegt darin die Ablehnung des Angebotes des Anspruchsinhabers, verbunden mit einem neuen Angebot, § 150 Abs. 2 BGB. Ein entsprechender Vertrag kommt in diesem Falle erst dann zustande, wenn der Anspruchsinhaber sich seinerseits mit den Änderungen einverstanden erklärt und die vom Verletzer übersandte abgeänderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung annimmt.
Zu beachten ist, dass die Regelungen in einer vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) angesehen werden können. Hierfür spricht regelmäßig bereits der erste Anschein und das Wort „vorformuliert“.
Dementsprechend sind Verträge, die aufgrund von vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen zustandekommen, dahingehend zu überprüfen, ob sie nach den AGB-Vorschriften wirksam sind oder nicht. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat nunmehr in dem genannten Urteil entschieden, dass der in einer vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verlangte „uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“ eine unangemessene Benachteiligung des Verletzers/Schuldners darstellt mit der Folge, dass ein daraufhin zustandegekommener Vertrag gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. In einem solchen Fall kann somit der Anspruchsinhaber bei etwaigen Verstößen eine Vertragsstrafe nicht verlangen.
Verspricht ein Verletzer/Schuldner die Zahlung einer Vertragsstrafe – wie üblich – „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“, kann die Auslegung des Vertrages ergeben, dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Einzelverstöße als eine Zuwiderhandlung anzusehen sind (vgl. z. B. BGH GRUR 2015, Seite 1021 Rn. 29 – Kopfhörer-Kennzeichnung) mit der Folge, dass die Vertragsstrafe nur einmal verlangt werden kann. Wenn somit zum Beispiel der Verletzer/Schuldner nach Abschluss einer Vertragsstrafenvereinbarung 100 Kisten mit rechtsverletzenden Produkten in einer Lkw-Ladung transportieren lässt, so würden nicht 100 Verstöße vorliegen, sondern nur ein Verstoß. Wenn nunmehr verlangt wird, dass der Verletzer/Schuldner auf die „Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“ verzichtet, so kann dies so gewertet werden, dass in dem Beispielsfall der Anspruchsinhaber dann doch die Vertragsstrafe in 100 Fällen verlangen möchte. Darin sieht die Rechtsprechung eine „unangemessene Benachteiligung“ jedenfalls in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. hierzu auch das Urteil des BGH vom 10.12.1992, BGHZ 121, Seite 13 ff. sowie Köhler/Bornkamm/Feddersen, Kommentar zum UWG, zu § 12, 1.219 m. w. N.).
Die Formulierung „unter Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“ sollte man dementsprechend in vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen tunlichst vermeiden.