Gegenstand waren die Rechtsfolgen einer verzögerten Geltendmachung von Rechten des Rechtsinhabers und Verfahrensführung. Denn wenn der Inhaber eines deutschen geschützten Kennzeichens oder einer Unionsmarke die Benutzung eines jüngeren, geschützten Zeichens fünf Jahre lang geduldet hat, kann er keine Ansprüche mehr hiergegen geltend machen.
1.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die Klägerin firmiert seit dem Jahr 1984 mit dem kennzeichnungskräftigen Bestandteil „HEITEC“. Sie ist (nunmehr: war) Inhaberin einer mit Priorität vom 18.03.1998 eingetragenen Unionswortmarke HEITEC.
Die Beklagte wurde 2003 unter der Firma HEITECH Promotion GmbH in das Handelsregister eingetragen und nutzt diese seither. Sie ist Inhaberin einer mit Priorität vom 17.09.2002 eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke “HEITECH PROMOTION“, und eine mit Priorität vom 06.02.2008 eingetragenen Unionsmarke (Wort-/Bild) „HEITECH“, die sie seit spätestens den 06.05.2009 nutzt.
Durch ein Schreiben des EUIPO vom 07.07.2008 erfuhr die Klägerin von der Anmeldung der UM „HEITECH“ der Beklagten. Am 22.04.2009 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der Verwendung des Unternehmenskennzeichens und der Marke “HEITECH“ ab. In ihrer Antwort vom 06.05.2009 schlug die Beklagte den Abschluss einer Abgrenzungs- und Vorrechtsvereinbarung vor. Die Antwort enthielt keine Unterlassungserklärung.
Über drei Jahre später ging – nur per Fax – am 31.12.2012 eine auf den 15.12.2012 datierte Klageschrift beim LG Nürnberg-Fürth ein. Weder wurden Originale der Klageschrift eingereicht noch der Gerichtskostenvorschuss überwiesen. Darauf wies das Landgericht am 12.03.2013 hin.
Ein Jahr später, am 30.12.2013 ging beim Landgericht ein auf den 12.12.2013 datierter Schriftsatz der Klägervertreter mit einem Verrechnungsscheck für die Gerichtskosten sowie eine neue, auf den 04.10.2013 datierte Klageschrift ein.
Das Landgericht wies die Klägerin am 14.01.2014 darauf hin, dass auch die erste Klageschrift vom 15.12.2012 zugestellt werden müsse, weshalb um Einreichung der Originale gebeten werde. Diese Originale erreichten das Gericht am 22.02.2014. Zwei Tage später wies das Gericht die Klägerin darauf hin, dass die Anträge in den Originalen der Klage nicht mit den Anträgen der am ein 31.12.2012 per Fax eingereichten Klageschrift übereinstimmten. Die Klägerin ließ mit am 21.05.2014 eingegangenen Schriftsatz die Originale nochmals übersenden. Das Landgericht hatte bereits am 16.05.2014 die Einleitung des schriftlichen Vorverfahrens verfügt. Die Zustellung der bei Gericht gefertigten Abschriften der als Fax vorliegenden Klageschrift vom 15.12.2012 erfolgte am 23.05.2014.
Zwischen dem Angebot der Beklagten vom 06.05.2009 des Abschlusses einer Abgrenzungsvereinbarung und der Zustellung der ersten Klageschrift am 23.05.2014 waren mehr als fünf Jahre vergangen.
2.
Mit der Klage machte die Klägerin Ansprüche aus der Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens „HEITEC“ und, hilfsweise, Verletzung ihrer Unionsmarke geltend. Die Klägerin hatte zuletzt u.a. beantragt, die Beklagte zur Unterlassung der Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebs mit HEITECH PROMOTION GmbH sowie zur Unterlassung der Benutzung des Zeichens „HEITECH“ für Waren zu verurteilen, zzgl. der Folgeansprüche.
Das Landgericht hatte der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht wies die Klage insgesamt ab. Die Klägerin legte Revision ein.
3.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Die Beklagte habe jedenfalls seit dem 06.05.2009 ihre Firma und Marken benutzt. Die Klägerin habe die für den Eintritt der Verwirkung erforderliche Kenntnis von der Zeichennutzung durch die Beklagte durch das Schreiben der Beklagten vom 06.05.2009 erlangt, welches der Klägerin am 07.05.2009 zugegangen war.
Die Klägerin habe die geltend gemachten Unterlassungs- und Folgeansprüche wegen Verletzung ihres Unternehmenskennzeichenrechts sowie wegen Verletzung ihrer Unionsmarke nach § 21 (1) und (2) MarkenG sowie Art. 54 in (1) und (2), Art. 137 (1) Satz 2 und Art. 111 (2) GMV (nunmehr und im Nachfolgenden: Art. 61 (1) und (2), Art. 137 (1) Satz 2 und Art. 138 (2) UMV 2017/1001) verwirkt.
Der Bundesgerichtshof hält hierzu fest:
(1) Zur Abwendung der Verwirkung gemäß § 21 (1) und (2) MarkenG sowie Art. 61 (1) und (2), Art. 137 (1) Satz 2 und Art. 138 (2) UMV sind Handlungen des Inhabers des älteren Zeichens erforderlich, die ernsthaft und eindeutig seinen Willen zum Ausdruck bringen, sich der Benutzung des jüngeren Zeichens zu widersetzen und der behaupteten Verletzung seiner Rechte abzuhelfen.
(2) Eine vorgerichtliche Abmahnung, der der Inhaber des jüngeren Zeichens nicht Folge leistet, ist geeignet, die Duldungsfrist zu unterbrechen, sofern der Inhaber des älteren Zeichens nach der Abmahnung seine Rechte innerhalb einer angemessenen Zeit im Wege der Klage geltend macht.
Im Streitfall hatte sich die Beklagte der Abmahnung nicht unterworfen, sondern den Abschluss einer Abgrenzungsvereinbarung vorgeschlagen. Ein solches Verhandlungsangebot konnte die Frist für den Eintritt der Verwirkung durch Duldung nur unterbrechen, wenn die Klägerin innerhalb eines Zeitraums, in dem die Beklagte den Eingang eine Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte, zumindest die Bereitschaft zur Aufnahme von Verhandlungen angezeigt hätte. Daran fehlte es.
(3) Auch die Einreichung der Klage am 31.12.2012 unterbrach den Lauf der Duldungsfrist nicht. Grundsätzlich spiegele zwar die Einreichung eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks die ernsthafte und eindeutige Absicht des Rechteinhabers wider, seine Rechte geltend zu machen, so dass sie grundsätzlich zur Duldung die Duldung zu beenden geeignet ist.
Die Klägerin hatte erst mit dem am 21.05.2014 eingegangenen Schriftsatz und somit nach Ablauf der seit dem 07.05.2009 berechneten Duldungsfrist die angeforderten Originale übersandt. Die verspätete Mängelbehebung war hauptsächlich der mangelnden Sorgfalt des klagenden Rechtsinhabers zuzuschreiben. Mit Blick auf § 133 (1) Satz 1 ZPO sei es Sache eines angemessen sorgfältigen Klägers, durch Bereitstellung der erforderlichen Abschriften zur zügigen Durchsetzung seiner mit der zuzustellenden Klage geltend gemachten Rechte beizutragen. Das Gericht ließ in dem Zusammenhang offen, ob Handlungen des Gerichts geeignet sind, einer Duldung entgegenzuwirken (dies vor dem Hintergrund, dass das Gericht mittels selbst angefertigter Abschriften die Klagezustellung veranlasst hatte).
(4) Der Bundesgerichtshof ließ auch nicht das Argument gelten, durch die seit der Abmahnung vorgenommenen weiteren Verletzungshandlungen der Beklagten sei jeweils eine neue fünfjährige Verwirkungsfrist angelaufen.
Im Hinblick auf die Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 21 (4) MarkenG i. V. m. § 242 BGB führt der BGH aus, dass zwar wiederholte gleichartige Markenverletzungen, die zeitlich unterbrochen auftreten, jeweils einen neuen Unterlassungsanspruch auslösen und die für die Beurteilung des Zeitmoments bei der Verwirkung maßgeblichen Frist jeweils neu beginnen lassen, wohingegen bei Dauerhandlungen auf den Beginn der erstmaligen Benutzung abzustellen ist. Für die Frage der Verwirkung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben komme es darauf an, ob der Verletzer, der keine eigene Zeichenrechtsposition innehat, berechtigt darauf vertrauen durfte, dass der Rechtsinhaber sein der Benutzung entgegenstehendes Zeichenrecht nicht durchsetzen werde (hier nicht einschlägig).
Diese Grundsätze seien aber auf die Verwirkungstatbestände des § 21 (1) und (2) MarkenG sowie Art. 61 (1) und (2), Art. 138 (2) UMV nicht übertragbar. Diese Tatbestände dienen dem Ausgleich der Rechtspositionen zweier Zeicheninhaber. Der Inhaber des jüngeren Zeichens soll dieses nutzen dürfen, wenn der Inhaber des älteren Rechts sein Zeichen während der fünf aufeinanderfolgenden Jahre dauernden Benutzung des jüngeren Zeichens nicht durchgesetzt hat. Die Beklagte erlangte mithin durch Verwirkung ein faktisches Weiterbenutzungsrecht hinsichtlich sämtlicher mit der Abmahnung vom 22.04.2009 beanstandeten Benutzungsformen.
(6) Die Verwirkung erstrecke sich auch auf die Folgeansprüche auf Einwilligung in die Löschung der Firma, Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Vernichtung und Zahlung der Abmahnkosten. Es widerspräche dem Regelungszweck der Duldung, Rechtssicherheit zu wahren, wenn der Inhaber des älteren Rechts nach Ablauf des Verwirkungszeitraums zwar keine Unterlassungsansprüche, wohl aber entsprechende Neben- oder Folgeansprüche gerichtlich durchsetzen könnte.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Abmahnung die Verwirkung zwar unterbrechen kann, aber nur dann, wenn innerhalb eines angemessenen Zeitraums gerichtliche oder behördliche Maßnahmen (z.B. Löschungsantrag) eingeleitet werden. Eine Verwirkung ist auch denkbar, wenn die Klage aus dem Kläger zurechenbaren Gründen zunächst nicht zugestellt wird und die Mängel erst nach Ablauf der Verwirkungsfrist behoben werden (vergl. zum deutschen Recht die Prüfung der Zustellung „demnächst“ bei § 167 ZPO).