Die Klägerin entwickelt und stellt spezielle Faserspinnanlangen her, die sie ausschließlich für die eigene Produktion von Hohlfasern für Dialysefilter einsetzt. Herzstück der Spinnanlagen sind die Düsenblöcke, auf denen die Düsen für die Faserproduktion verbaut sind. Die Spinnanlagen der Klägerin hatten ursprünglich eine Kapazität von 1024 Fäden und seit 1999 eine Kapazität von 1536 Fäden. Die Beklagte zu 1 stellt her und vertreibt Faserspinnanlangen zur Produktion von Hohlfasern für Dialysefiltern. Der Beklagte zu 2 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und als Chemiker auf dem Gebiet der Herstellung von Hohlfasern spezialisiert. Vor seiner Tätigkeit für die Beklagte zu 1 war er als Produktionsleiter bei der Klägerin beschäftigt. Die Beklagte zu 1 bietet erstmals seit 2004 eine Spinnanlage mit 1536 Fäden an. Die Klägerin macht geltend, die Beklagten hätten Hohlfaserspinnanlagen mit 1024 und 1536 Fäden unter Verwendung von Konstruktionszeichnungen, Plänen und anderen Informationen der Klägerin unzulässig nachgebaut, und sieht darin u.a. eine rechtswidrige Verwertung ihrer Betriebsgeheimnisse.
Das Landgericht gab der Klage statt und untersagte der Beklagten die Herstellung und den Vertrieb der Faserspinnanlagen und verurteilte sie zur Auskunft.
Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin habe weder ein Betriebsgeheimnis noch eine Verletzungshandlung im Sinne von § 17 UWG hinreichend konkret vorgetragen. Die Klägerin habe nicht konkret dargetan, welcher Teil oder welches Element ihrer Anlagen ein Betriebsgeheimnis darstelle. Auch habe sie nicht ausgeführt, welcher Konstruktionsplan der Spinnanlagen, gegebenenfalls in welchem einzelnen Teil oder Bereich, ein Betriebsgeheimnis enthalte. Ferner habe die Klägerin nicht dargetan, dass der Beklagte zu 2 von der Klägerin erlangte Kenntnisse unbefugt verwertet habe. Allein der Umstand, dass die Anlagen der Parteien Übereinstimmungen aufwiesen, lasse einen solchen Schluss nicht zu.
Der BGH hebt die Entscheidung auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurück:
a) Der BGH stellt fest, dass es für die Bestimmtheit des Klageantrags ausreiche, wenn sich – wie im Streitfall – das vom Kläger begehrte Verbot gegen eine konkrete Verletzungsform richte. Eine verbale Beschreibung der Umstände, aus denen der Kläger eine Rechtsverletzung herleitet, sei in diesem Fall nicht erforderlich. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nicht dazu führen dürfe, dass der Kläger unter Hintanstellung seiner berechtigten Geheimhaltungsinteressen gezwungen sei, im Klageantrag Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu offenbaren.
b) Weiter führt der BGH aus, dass als verletztes oder unberechtigt verwertetes Betriebsgeheimnis die konkreten Maße und Anordnungen der Düsenkörper und Düsenblöcke einer Hohlfasermembranspinnanlage, die in Konstruktionsplänen und im Endprodukt selbst verkörpert sind, in Betracht kommen. Im Streitfall wurde zum entsprechenden Vortrag der Klägerin Beweis durch Sachverständigengutachten erhoben. Dessen Ergebnis und die für sie günstigen Feststellungen des Landgerichts machte sich die Klägerin zu Eigen. Der BGH stellt klar, dass eine weitere Präzisierung, durch welche Einzelheiten das Betriebsgeheimnis verkörpert werde, keine Bedeutung für die Begründetheit des auf das Verbot der konkreten Verletzungsform gerichteten Antrags habe. Dies sei nur für die Reichweite des Verbotstenors relevant, nämlich die Frage, ob auch im Kern gleichartige Verletzungshandlungen vom Unterlassungsgebot erfasst werden.
c) Zum Schutz als Betriebsgeheimnis erläutert der BGH, dass diesem nicht entgegenstehe, dass eine Tatsache einem begrenzten – wenn auch unter Umständen größeren – Personenkreis zugänglich sei. Auch sei es ohne Belang, ob ein Mitarbeiter die entsprechenden Umstände kenne. Der Geheimnischarakter einer Tatsache werde regelmäßig nicht dadurch aufgehoben, dass Vorgänge in einem Produktionsbetrieb den dort Beschäftigten bekannt würden. Der Schutz als Betriebsgeheimnis sei erst bei Offenkundigkeit, also allgemeiner Bekanntheit der Tatsache, ausgeschlossen. Die Zuordnung einer Tatsache zum Stand der Technik sei für die Frage der Offenkundigkeit ohne Bedeutung.
Für den Schutz als Betriebsgeheimnis komme es vielmehr darauf an, ob die maßgebliche Tatsache nur mit einem großen Zeit- oder Kostenaufwand ausfindig, zugänglich und dem Unternehmer damit nutzbar gemacht werden könne. Dies treffe gerade auf Konstruktionspläne zu, in denen Maße und Anordnungen technischer Bauteile einer Maschine verkörpert seien. Durch deren Nutzung werde regelmäßig in erheblichem Umfang eigene Konstruktionsarbeit erspart.
d) Zur Frage der Verletzungshandlung verweist der BGH zunächst darauf, dass ein ausgeschiedener Mitarbeiter die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse auch später unbeschränkt verwenden könne, sofern er keinem Wettbewerbsverbot unterliege.
Dies gelte aber nur für Informationen, die der frühere Mitarbeiter in seinem Gedächtnis bewahre. Die Berechtigung beziehe sich dagegen nicht auf Informationen, die dem ausgeschiedenen Mitarbeiter nur deswegen noch bekannt seien, weil er auf schriftliche Unterlagen zurückgreifen könne, die er während der Beschäftigungszeit angefertigt habe. Nicht berechtigt sei ein ausscheidender Mitarbeiter daher, sein erlangtes Wissen durch die Mitnahme oder Entwendung von Konstruktionsunterlagen aufzufrischen und in diesen Unterlagen verkörpertes Know-how für eigene Zwecke weiterzuverwenden. Liegen dem ausgeschiedenen Mitarbeiter derartige Unterlagen vor und entnimmt er ihnen ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis seines früheren Arbeitgebers, verschaffe er sich damit dieses Geheimnis unbefugt im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Ein solcher Makel verliere nicht schon deshalb an wettbewerbsrechtlicher Bedeutung, weil der Mitarbeiter in der Lage sei, solche Geräte oder Geräteteile selbst zu entwickeln.
Für die Frage, ob im vorliegenden Streitfall eine unbefugte Verwertung dargelegt worden sei, verweist der BGH auf die Feststellungen des Landgerichts. Dieses hatte angesichts der Vielzahl von Übereinstimmungen bei den streitgegenständlichen Spinnanlagen und insbesondere den Layouts und Einzelmaßen der jeweiligen Düsenblöcke befunden, dass eine nachschaffende Übernahme ohne Verwendung von Konstruktionszeichnungen, Spezifikationen, Fotos oder Detailskizzen als ausgeschlossen erscheine.
Der vorliegende Streitfall hat in tatsächlicher Hinsicht die Besonderheit, dass die Betriebsgeheimnisse der Klägerin eine Technik betreffen, welche die Klägerin ausschließlich betriebsintern verwendet und nicht an Dritte herausgibt. Dies war Grundlage für die Annahme, dass die konkrete Konstruktion als Betriebsgeheimnis der Klägerin Schutz genießt. Die Komplexität der Konstruktion im Detail und der Grad der Übereinstimmungen der streitgegenständlichen Spinnanlagen erlaubten dem Gericht den Schluss auf eine unzulässige Verwertung.
In rechtlicher Hinsicht hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung insbesondere zum Geheimnischarakter einer Tatsache, die den Beschäftigten eines Betriebes bekannt ist und/oder zum Stand der Technik gehört und daher durch Veröffentlichung regelmäßig bekannt ist, sowie zur unzulässigen Verwertung von Betriebsgeheimnissen durch ausgeschiedene Mitarbeiter fortgeführt (vgl. hierzu BGH, BGH, Urt. v. 23.02.2012, I ZR 136/10 – MOVICOL-Zulassungsantrag, GRUR 2012, 1048, 1049; Urt. v. 13.12.2007, I ZR 71/05 – Schweißmodulgenerator, GRUR 2007, 727, 728 f.; Urt. v. 07.11.2002, I ZR 64/00 – Präzisionsmessgeräte, GRUR 2003, 356, 358).
Nicht überraschend ist auch, dass der BGH mit Verweis auf die im Klageantrag in Bezug genommene Verletzungsform eine weitergehende Beschreibung der Umstände, aus denen sich die Verletzung ergibt, für verzichtbar erachtet. Hervorzuheben ist aber, dass der BGH im Zusammenhang mit der Bestimmtheit des Klageantrags das Interesse der Klägerin an der Geheimhaltung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betont und dieses berücksichtigt (BGH, Urt. v. 22.03.2018, I ZR 118/16 – Hohlfasermembranspinnanlage II, Rn. 19). Dies eröffnet in weniger klar umrissenen Fällen einen gewissen Gestaltungs- und Argumentationsspielraum.
Es ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung die in der vorliegenden Entscheidung noch einmal dargelegten Grundsätze des Schutzes von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen im Wesentlichen auch im neuen Recht zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, welches durch das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 vom 08.06.2016 (RL (EU) 2016/943) eingeführt werden wird, überführt. Das neue Recht wird zwar höhere Anforderungen an die Darlegung des Geheimnischarakters stellen, nämlich u.a. zusätzlich die Darlegung von nach den Umständen angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen notwendig machen (§ 2 Nr. 1 lit. b) des Regierungsentwurfs des GeschGehG vom 18.07.2018 (RegE GeschGehG); Art. 2 Nr. 1 lit. c) RL (EU) 2016/943). Höhere Anforderungen an den Geheimnischarakter von Tatsachen selbst sind jedoch nicht zu erwarten. So sehen § 2 Nr. 1 lit. a) RegE GeschGehG und Art. 2 Nr. 1 lit. a) RL (EU) 2016/943 vor, dass eine Information ein Geschäftsgeheimnis darstellt, wenn sie nicht allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert ist. Dies entspricht in der Sache der Wertung der Rechtsprechung des BGH, dass es darauf ankommt, ob die maßgebliche Tatsache nur mit einem großen Zeit- oder Kostenaufwand ausfindig, zugänglich und dem Unternehmer damit nutzbar gemacht werden kann.