In einem Patentverletzungsprozess in Deutschland ist das Gericht an das erteilte Patent gebunden und muss seiner Entscheidung das Patent in der Fassung zum Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde legen. Das Gericht kann somit die Klage nicht mit der Begründung abweisen, dass das Patent nicht hätte erteilt werden dürfen. Die Einrede der Löschungsreife gibt es im Patentverletzungsprozess nicht. Dies ist im Gebrauchsmusterverletzungsprozess anders; dort kann die Einrede der Löschungsreife des Gebrauchsmusters im Verletzungsprozess erhoben werden, § 13 Abs. 1 GebrMG. Diesen Unterschied gibt es deshalb, weil es sich beim Patent um ein geprüftes Schutzrecht und beim Gebrauchsmuster um ein ungeprüftes Schutzrecht handelt.
Wenn das Verletzungsgericht den Beklagten wegen Patentverletzung verurteilt hat und das Klagepatent nach Rechtskraft des Verletzungsurteils im Einspruchsverfahren widerrufen oder im Nichtigkeitsverfahren für nichtig erklärt wird, ist dem Verletzungsurteil im Nachhinein die Grundlage entzogen, weil aufgrund einer solchen Entscheidung davon auszugehen ist, dass das Patent gar nicht erteilt worden ist. In einem solchen Fall kann der Beklagte des Verletzungsprozesses in entsprechender Anwendung von § 580 Nr. 6 ZPO eine Restitutionsklage erheben mit dem Ziel, dass das gegen ihn ergangene Urteil bzw. die gegen ihn ergangenen Urteile wieder aufgehoben werden.
Das Restitutionsverfahren vollzieht sich in drei Verfahrensabschnitten, deren Voraussetzungen jeweils für sich zu prüfen sind.
Zunächst ist die Zulässigkeit zu prüfen. Die (ausschließliche) Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus § 584 Abs. 1 ZPO. Wenn nur das Gericht I. Instanz in der Sache entschieden hat, ist dieses zuständig. Sollte das Gericht II. Instanz auch in der Sache entschieden haben, ist das zweitinstanzliche Gericht zuständig. Sollte das zweitinstanzliche Gericht dagegen die Berufung als unzulässig verworfen oder die Sache zurückverwiesen haben, ist das erstinstanzliche Gericht zuständig, sofern nicht auch das Berufungsurteil angegriffen wird (vgl. Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl., zu § 585 ZPO, Rn. 2). Weiter ist zu prüfen, ob die Klagefrist von einem Monat gemäß § 586 Abs. 1 ZPO eingehalten ist. Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Beklagte des Verletzungsprozesses davon Kenntnis erlangt, dass das Klagepatent bestandskräftig widerrufen oder für nichtig erklärt wurde. Es handelt sich um eine Notfrist, die nicht verlängerbar ist. Innerhalb dieser (sehr kurzen) Frist von einem Monat muss die Restitutionsklage beim zuständigen Gericht eingehen. Ferner ist zu beachten, dass nach Ablauf von fünf Jahren ab der Rechtskraft des angegriffenen Urteils eine Restitutionsklage nicht mehr statthaft ist, § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO („absolute Grenze“). Vor dem Hintergrund dieser Frist ist es ratsam, den Verletzungsprozess möglichst lange nicht rechtskräftig werden zu lassen, weil die Bestandsverfahren sich erfahrungsgemäß über mehrere Jahre hinziehen können.
In einem zweiten Schritt ist die Begründetheit der Restitutionsklage zu prüfen. Sollte das Klagepatent bestandskräftig widerrufen oder für nichtig erklärt worden sein, ist die Restitutionsklage begründet.
In einem dritten Schritt findet eine neue Verhandlung vor dem zuständigen Gericht statt. Die Hauptsache des „alten“ Prozesses wird von neuem verhandelt, § 590 Abs. 1 ZPO. Da das Klagepatent nicht mehr existiert, ist die Patentverletzungsklage aufgrund dieser neuen Verhandlung abzuweisen. Es ist auch möglich, dass der Kläger auf seine Ansprüche verzichtet, so dass die Patentverletzungsklage dann im Wege eines Verzichtsurteils gemäß § 306 ZPO abgewiesen wird.
In dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall hatte die Klägerin (Restitutionsbeklagte) bereits vor Einleitung des Restitutionsverfahrens gegenüber der Beklagten wegen des Widerrufs des Patentes den Verzicht auf sämtliche Ansprüche erklärt und im Verfahren damit argumentiert, dass es wegen dieses Verzichts an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Restitutionsklage fehlen würde und ferner der Beklagte (Restitutionskläger) jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 93 ZPO („sofortiges Anerkenntnis“) die Kosten des Restitutionsverfahrens zu übernehmen habe. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist beiden Argumenten nicht gefolgt. Für die Restitutionsklage bedürfe es keines besonderen Rechtsschutzinteresses. Dieses ergebe sich ohne weiteres schon daraus, dass zu Lasten des Restitutionsklägers ein ihn belastendes Urteil in der Welt sei, das sachlich unrichtig geworden und daher auch formal zu beseitigen sei. Die Vorschrift des § 93 ZPO sei bei einer Restitutionsklage nicht anwendbar. Es sei zu berücksichtigen, dass das ursprüngliche Verletzungsverfahrens durch die Klägerin eingeleitet worden sei und jetzt fortgesetzt werde. Wäre das Klagepatent bereits im Vorprozess bestandskräftig widerrufen worden, hätte die Klägerin als unterlegene Partei nach § 91 Abs. 1 ZPO schon dort die Kosten zu tragen gehabt.
Sollte der Beklagte aufgrund des rechtskräftigen und nunmehr durch die Restitutionsklage wieder aufgehobenen Urteils Zahlungen an den Kläger geleistet haben (wie z. B. Kostenerstattungen oder Schadensersatz), so kann der Beklagte diese Zahlungen in entsprechender Anwendung von § 717 Abs. 3 ZPO von dem Kläger zurückverlangen, weil für die Zahlungen der Rechtsgrund, nämlich das ursprüngliche Urteil, in Wegfall geraten ist. Sollte der Beklagte gegen das durch die Restitutionsklage wieder aufgehobenen Urteil verstoßen und dementsprechend Ordnungsgelder oder Zwangsgelder an die Staatskasse bezahlt haben, so muss er zunächst die Aufhebung der Beschlüsse über das Ordnungsgeld oder das Zwangsgeld erwirken, §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO. Anschließend kann er gezahlte Ordnungsgelder oder Zwangsgelder von der Staatskasse zurückverlangen, weil der Rechtsgrund für diese Zahlungen – nämlich der Beschluss über das Ordnungsgeld oder das Zwangsgeld – weggefallen ist.