Wir trauern um unseren
langjährigen Kollegen und Freund
Jürgen Schneider
der nach kurzer schwerer Krankheit
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In der Sache „Indischer Weihrauch“ hat das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 30.7.2020 über eine Restitutionsklage im Markenrecht entschieden. Die Entscheidung ist z. B. abgedr. in GRUR-RS 2020, 21517.
Die Restitutionsklage ist geregelt in §§ 580 ff. ZPO. Wenn die Restitutionsklage zulässig und begründet ist, führt dies dazu, dass ein bereits ergangenes rechtskräftiges Urteil wieder aufgehoben wird. In diesem Falle hat der Beklagte/Restitutionskläger insbesondere einen Anspruch darauf, dass der Kläger/Restitutionsbeklagter ihm etwaige Zahlungen aufgrund des aufgehobenen Urteils (z. B. Schadensersatz und Kostenerstattung) in entsprechender Anwendung des § 717 Abs. 3 ZPO nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzugewähren hat.
Eine Restitutionsklage im Markenrecht ist eher selten. In den Sachregistern der einschlägigen Kommentare zum Markengesetz wird das Stichwort „Restitutionsklage“ nicht einmal genannt.
Im Patentrecht kommt dagegen eine Restitutionsklage immer einmal wieder vor, wenn nämlich das Klagepatent nach Rechtskraft des Verletzungsurteils im Einspruchsverfahren widerrufen oder im Nichtigkeitsverfahren für nichtig erklärt wird. In einem solchen Fall kann der Beklagte in entsprechender Anwendung von § 580 Nr. 6 ZPO eine Restitutionsklage erheben. Die Restitutionsklage ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat zu erheben. Diese nicht verlängerbare Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Restitutionsgrund (Widerruf oder Vernichtung des Schutzrechtes) Kenntnis erlangt hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft der Entscheidung, die zur Vernichtung des gewerblichen Schutzrechtes geführt hat. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des mit der Restitutionsklage angegriffenen Urteils an gerechnet, sind Restitutionsklagen unstatthaft, § 586 ZPO.
In der genannten Entscheidung „Indischer Weihrauch“ ist das Oberlandesgericht München ohne weiteres davon ausgegangen, dass eine Restitutionsklage in entsprechender Anwendung von § 580 Nr. 6 ZPO auch im Markenrecht möglich ist. Das Oberlandesgericht München hat die Restitutionsklage allerdings bereits wegen Versäumung der Klagefrist von einem Monat gemäß § 586 ZPO als unzulässig verworfen.
In dem entschiedenen Fall hatte das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 18.10.2018 die vom Deutschen Patent- und Markenamt angeordnete Teillöschung einer Klage der Klägerin für die Waren „Weihrauch“ sowie für die angemeldeten Waren in der Klasse 5 bestätigt. Die Marke der Klägerin/Restitutionsbeklagten war offenbar eine beschreibende Angabe für diese Waren. Dementsprechend handelte es sich um einen Antrag auf Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 50 MarkenG. Aufgrund des Beschlusses des Bundespatentgerichts vom 18.10.2018 galten somit die Wirkungen der angegriffenen Marke als von Anfang an nicht eingetreten, § 52 Abs. 2 MarkenG. Das Bundespatentgericht ließ die Rechtsbeschwerde nicht zu. Bei der Verkündung des Beschlusses am selben Tage (18.10.2018) waren die Vertreter der Restitutionsklägerin anwesend. Sie erhielten somit an diesem Tage Kenntnis von der Entscheidung des Bundespatentgerichts. Die Zustellung dieses mit Gründen versehenen Beschlusses erfolgte am 28.1.2019. Mit Schriftsatz vom 15.2.2019 wurde die Restitutionsklage erhoben.
Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Vertreter der Restitutionsklägerin wegen ihrer persönlichen Anwesenheit schon durch die Verkündung des Beschlusses des Bundespatentgerichts vom 18.10.2018 am selben Tage Kenntnis von dem Restitutionsgrund erlangt haben. Die Frist für die Erhebung der Restitutionsklage fing somit am 18.10.2018 an und lief am 18.11.2018 ab. Die Restitutionsklage vom 15.2.2019 ging daher erst nach Ende der Frist bei Gericht ein und war dementsprechend unzulässig.
In dem Fall gab es noch die Besonderheit, dass die Restitutionsklägerin/Beklagte in dem angegriffenen Urteil wegen einer anderen Marke der Klägerin verurteilt worden war, die allerdings wortwörtlich mit der dann schließlich mit dem Nichtigkeitsantrag angegriffenen Marke der Klägerin übereinstimmte. Die Marke der Klägerin, auf welcher die Verurteilung der Beklagten wegen Markenverletzung beruhte, konnte indes nicht mehr angegriffen werden, weil die 10-Jahres-Frist gemäß § 50 Abs. 2 Satz § MarkenG bereits abgelaufen war. Die Restitutionsklägerin hatte somit eine andere Marke der Restitutionsbeklagten angegriffen als diejenige, auf welcher die Verurteilung wegen Markenverletzung beruhte. Ob in einem solchen Fall eine Restitutionsklage letztendlich begründet ist, brauchte das Oberlandesgericht München nicht zu entscheiden, weil nach Ansicht des Senates, wie dargelegt, die Restitutionsklage bereits als unzulässig zu verwerfen war. Nach Einschätzung des Verfassers wäre die Restitutionsklage auch unbegründet gewesen, weil die Verurteilung wegen Markenverletzung auf einer anderen Marke beruhte.
Eine Restitutionsklage im Markenrecht ist dementsprechend grundsätzlich möglich. Wenn somit nach rechtskräftiger Verurteilung wegen Markenverletzung die Marke für verfallen oder für nichtig erklärt wird, so kann der Beklagte eine Restitutionsklage erheben. Hierbei sind die vorgenannten Fristen bei der Zulässigkeit zu beachten. Bei der Begründetheit wird es insbesondere auch darauf ankommen, zu welchem Zeitpunkt die Wirkungen eines Angriffs gegen die Marke eintreten. Bei einem Antrag wegen Verfalls gemäß § 49 MarkenG tritt die Wirkung zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages oder der Erhebung der Klage ein, § 52 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Bei einem erfolgreichen Nichtigkeitsangriff ist es demgegenüber so, dass die Marke von Anfang an keine Wirkungen hatte, § 52 Abs. 2 MarkenG.
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