In einem presserechtlichen Verfahren hob das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung des Landgerichts Köln auf, das einem Presseorgan bestimmte Äußerungen verboten hatte, ohne dass die Antragsgegnerin zuvor abgemahnt oder im gerichtlichen Verfahren angehört worden war.
Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass das Grundrecht der Rechtsstaatlichkeit sowie der Gleichheit (Art. 3 GG) es im Normalfall erzwinge, dass der Antragsgegner eines Verfügungsverfahrens vor der gerichtlichen Entscheidung angehört wird. Eine solche Anhörung kann auch schon durch die Abmahnung geschehen, weil dann der Antragsgegner die Gelegenheit hat, eine Schutzschrift zu hinterlegen. Wenn eine Abmahnung nicht vorgelegen hat und daher der Schuldner dazu nicht Stellung nehmen konnte, muss das Gericht wenigstens eine kurze schriftliche Anhörung gewähren.
Ausnahmen können sich nur dann ergeben, wenn Besonderheiten des Verfahrens die Überrumpelung des Schuldners gerade erfordern, beispielsweise beim Arrest, bei der Untersuchungshaft, bei Wohnungsdurchsuchungen oder nach herrschender Rechtsprechung wohl auch bei der Sequestration von Verletzungsgegenständen.
Von diesen Ausnahmefällen abgesehen, muss aber eine Anhörung des Schuldners erfolgen.
Diese Rechtsprechung dürfte erhebliche Auswirkungen gerade im Bereich des Wettbewerbsrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes haben. Dort hat der Gesetzgeber ja bereits im UWG angeordnet, das abgemahnt werden soll. Eine Pflicht dazu hat der Gesetzgeber aber nicht angeordnet. Nunmehr führt das Bundesverfassungsgericht die Abmahnungslast faktisch ein; anderenfalls muss der Richter im laufenden Verfügungsverfahren den Schuldner anhören.