Die Antragstellerinnen stützten sich in dem Verfahren in erster Linie auf den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gem. § 4 Nr. 3 a) UWG, in zweiter Linie auf die nachfolgend wiedergegebenen dreidimensionalen Marken, welche jeweils insbesondere für „Fruchtsäfte“ geschützt sind,
(Abbildung im Newsletter dargestellt)
sowie in dritter Linie auf entsprechende Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
Die Antragsgegnerinnen bieten in ihren Supermärkten Fruchtsäfte mit folgenden Produktgestaltungen an:
(Abbildung im Newsletter dargestellt)
Das OLG Hamburg lehnte einen Anspruch aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung gemäß § 4 Nr. 3 a) UWG ab. Zwar sei die grundsätzlich durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart der Flaschengestaltung der Antragstellerinnen, insbesondere durch die im Wesentlichen unveränderte Benutzung seit 1969, erheblich gesteigert. Allerdings wahre die Flaschengestaltung der Antragsgegnerinnen auch unter Beachtung dieser hohen wettbewerblichen Eigenart der antragstellerseitigen Gestaltung dieser gegenüber einen ausreichenden Abstand. Das OLG Hamburg hat in diesem Zusammenhang den im Rahmen der Beurteilung von Nachahmungen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geschaffenen Grundsatz bekräftigt, dass es zur Bestimmung des Grades der Ähnlichkeit zwischen zwei Produkten nicht genüge, nur einzelne Gestaltungsmerkmale herauszugreifen, sondern vielmehr auf den Gesamteindruck der jeweiligen Erzeugnisse abzustellen sei. Im konkreten Fall sei die äußere Gestaltung der Fruchtsaftflasche der Antragstellerinnen vorrangig durch das Wechselspiel zwischen dem eher organisch wirkenden, weil abgerundeten und bauchigen sowie mit regelmäßigen Einbuchtungen bzw. „Grübchen“ versehenen Unterteil und dem gradlinigen zylindrischen Flaschenhals geprägt. Dieses Wechselspiel aus organisch und gradlinig sei durch die Gestaltung des Flaschenkörpers der Antragsgegnerinnen gerade nicht übernommen, da der Flaschenkörper der Antragsgegnerinnen nicht bauchig und der Flaschenhals mehr als eine schmale Fortsetzung des Flaschenkörpers wirke. Zudem erhalte die Flaschengestaltung der Antragsgegnerinnen ihr Gepräge auch maßgeblich durch den siegelförmig in das florale Muster eingebetteten Markenschriftzug „albi“ mit der stilisierten Krone. Die vorhandenen großen Gestaltungsunterschiede führten demnach zu einem deutlich abweichenden Gesamteindruck der beiden Flaschengestaltungen. Die Ähnlichkeiten erschöpften sich in im Markt üblichen Elementen.
Ebenso lehnte das OLG Hamburg markenrechtliche Ansprüche ab, da mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben sei. Dies folge bereits aus den, am Gesamteindruck der Erzeugnisse orientierten Erwägungen zum Fehlen einer Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 3 a) UWG sowie daraus, dass die kollidierenden Zeichen unterschiedliche Farb- und Wortelemente aufwiesen.
Schließlich lag nach Ansicht des OLG Hamburg auch keine Gemeinschafts-geschmacksmusterverletzung vor. Da die Flaschengestaltung der Antragstellerinnen selbst seit 1969 zum vorbekannten Formenschatz gehöre, wiesen sämtliche Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Antragstellerinnen nur einen engen Schutzbereich auf. Die seitens der Antragsgegnerinnen angebotene Fruchtsaftflasche erwecke unter Berücksichtigung dieser Musterdichte einen gänzlich anderen Gesamteindruck als die Muster der Antragstellerinnen.
Die Antragsgegnerinnen hatten sich im Hinblick auf etwaige Markenrechtsverletzungen noch damit verteidigt, dass eine markenmäßige Benutzung der „albi“-Flaschen nicht vorliegen würde. In der Tat ist die markenmäßige Benutzung des angegriffenen Produktes bei Formmarken (wie auch bei Farbmarken) stets problematisch. Das OLG Hamburg konnte die Frage der markenmäßigen Benutzung offenlassen, weil nach seiner Ansicht schon die sich gegenüberstehenden Zeichen nicht ähnlich seien. Bei der markenmäßigen Benutzung geht es darum, ob die angesprochenen Verkehrskreise (hier: der Durchschnittsverbraucher) die Form des angegriffenen Produktes als Herkunftshinweis auffassen. Der Durchschnittsverbraucher fasst die Form einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auf, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Gestaltung der Ware selbst geht. Auch eine besondere Gestaltung der Ware selbst wird danach eher diesem Umstand zugeschrieben werden als der Absicht, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (vgl. u. a. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., zu § 14, Rn. 163 m. w. N.). Aufgrund einer langjährigen und intensiven Benutzung kann sich auch eine Warenform zu einem Herkunftshinweis entwickeln mit der Folge, dass die angesprochenen Verkehrskreise schon angesichts der Form annehmen, dass diese Ware von einem bestimmten Unternehmen stammt (wie z. B. die „Coca-Cola“-Flasche), sh. dazu auch die Entscheidung „Bounty“ des BGH, abgedr. z. B. in GRUR 2016, S. 197ff. Angesichts dieser strengen Voraussetzungen für die Entwicklung einer Warenform zu einem Herkunftshinweis sind die Verfasser der Ansicht, dass es im vorliegenden Fall auch an einer markenmäßigen Benutzung der angegriffenen „albi“-Flaschen fehlen dürfte.