Die Widersprechende vertreibt unter dem Zeichen „Rotkäppchen“ schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts Schaumweine, also Sekt. Die Marke „Rotkäppchen“ wurde für Schaumweine erstmals am 20.02.1895 angemeldet und am 15.07.1985 unter der Nummer 8311 in das Register eingetragen.
Im vorliegenden Verfahren stützte sich die Widersprechende nicht auf diese Marke, sondern auf die Wort-/Bildmarke
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angemeldet am 09.06.2011 und eingetragen in das Register am 22.07.2011 für Waren der Klassen 30, 32 (insbesondere entalkoholisierte Getränke) sowie 33 (alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)), Widerspruchsmarke zu 1). Ferner stützte die Widersprechende den Widerspruch auf die Wortmarke „Rotkäppchen“, angemeldet am 12.12.2013 und in das Register eingetragen am 25.02.2014 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, allerdings nicht für Waren der Klassen 32 und 33, also insbesondere nicht für alkoholische und entalkoholisierte Schaumweine.
Die angegriffene Marke
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wurde ebenfalls angemeldet für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere für die Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke erhob im Hinblick auf die Widerspruchsmarke zu 1) die Einrede der Nichtbenutzung.
Die Widersprechende konnte die rechtserhaltende Benutzung für die Widerspruchsmarke zu 1) nachweisen für die Waren Weine, alkoholische Mischgetränke und entalkoholisierte Weine. Das Bundespatentgericht war der Ansicht, dass diese Waren nicht ähnlich sind zu den Waren und Dienstleistungen, für welche die angegriffene Marke eingetragen wurde. Das Bundespatentgericht lehnte dementsprechend eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nummer 2 MarkenG ab.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr zwischen der Wortmarke „Rotkäppchen“ und der angegriffenen Marke kam das Bundespatentgericht zu dem Ergebnis, dass die jeweils angemeldeten Waren und Dienstleistungen teilweise identisch, teilweise ähnlich und teilweise unähnlich seien. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen habe die Wortmarke „Rotkäppchen“ teilweise durchschnittliche und teilweise unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft für das Zeichen „Rotkäppchen“ bestehe nur für Schaumweine. Für diese Ware sei die Widerspruchsmarke zu 2) indessen nicht angemeldet worden. Beim Zeichenvergleich nahm das Bundespatentgericht an, dass das angegriffene Zeichen einen hinreichenden Abstand von der Wortmarke „Rotkäppchen“ einhalten würde.
In der Gesamtheit würden sich die Vergleichsmarken
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und
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sehr deutlich durch die auffällige grafische Ausgestaltung der jüngeren Wort-/Bildmarke und den Wortbestandteil „radio“ unterscheiden, der in der Widerspruchsmarke nicht vorhanden sei. Eine Prägung der angegriffenen Marke durch das Element „Rotkäppchen“ scheide aus. Der Bestandteil „Rotkäppchen“ sei zwar in roter Farbe wiedergegeben und grenze sich damit deutlich zu den anderen, in schwarzer Farbe ausgeführten Bestandteilen ab. Allerdings werde dieser Unterschied dadurch aufgehoben, dass um alle Wortbestandteile ein Rahmen gezogen sei, der eine Zusammengehörigkeit vermittele, zumal der Wortbestandteil „Radio“ über dem Wortelement „Rotkäppchen“ angeordnet und in einer doppelt so großen Schriftart ausgeführt sei. Hinzu komme noch das Grafikelement am Bildrand in Form eines stilisierten Wolfes mit weit aufgerissenem Maul. Die angegriffene Marke werde auch in phonetischer Hinsicht nicht durch das Wortelement „Rotkäppchen“ geprägt. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die angegriffene Marke bei ihrer Benennung nicht auf das Wort „Rotkäppchen“ beschränken, sondern stets auch das Wort „Radio“ hinzufügen. Das Wortelement „Rotkäppchen“ habe auch keine selbstständig kennzeichnende Stellung in der angegriffenen Marke. Das Wortelement „Rotkäppchen“ sei zwar vollständig in die jüngere Marke aufgenommen worden, aber die Kombination mit dem Wortelement „Radio“ zur Bezeichnung eines Radiosenders sowie die grafische Verklammerung im Zusammenhang mit den relevanten Waren und Dienstleistungen, die keinerlei Bezug zu Schaumweine haben, würden bewirken, dass der Verkehr eine geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Beziehung zur Widersprechenden nicht vermute.
Wegen fehlender Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken zu 1) und 2) lag somit nach Ansicht des Bundespatentgerichts der Löschungsgrund gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG a. F. nicht vor.
Das Bundespatentgericht prüfte weiter, ob der Löschungsgrund gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a. F. (besonderer Schutz der bekannten Marke) vorliegen würde. Im Ergebnis sah das Bundespatentgericht auch diesen Löschungsgrund als nicht gegeben an.
Das Zeichen „Rotkäppchen“ sei zwar eine bekannte Marke für alkoholische und entalkoholisierte Schaumweine im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG. Diese Bekanntheit strahle jedoch nur auf diese Waren sowie auf eng verwandte Produkte wie etwa Weine oder alkoholische Mischgetränke aus, nicht jedoch auf die Waren und Dienstleistungen, für welche die angegriffene Marke Schutz beanspruche. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die jüngere Marke
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nicht mit der für Schaumweine bekannten Marke „Rotkäppchen“ assoziieren. Die für den Bekanntheitsschutz gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG erforderliche gedankliche Verknüpfung liege daher nicht vor.
Demzufolge wies das Bundespatentgericht den Widerspruch aus den Widerspruchsmarken zu 1) und zu 2) zurück.
In der Tat werden die angesprochenen Verkehrskreise bei einem Radiosender mit der Bezeichnung „Radio Rotkäppchen“ wohl nicht an die Marke „Rotkäppchen“ für Schaumweine denken, sondern wohl eher an die bekannte Märchenfigur, wobei diese gedankliche Assoziation zu der Märchenfigur noch unterstützt wird durch die Hinzufügung des Wolfes mit weit aufgerissenem Maul.