Danach ist zur Erfüllung des Rückrufanspruchs Zweierlei erforderlich: Erstens – das ist nicht neu – muss der Rückrufschuldner seine gewerblichen Abnehmer ernsthaft dazu auffordern, die patentverletzenden Gegenstände zurückzugeben. Zweitens – das ist neu – muss der Rückrufschuldner dem Rückrufgläubiger den durchgeführten Rückruf nachweisen, entweder durch Vorlage sämtlicher versendeter Rückrufschreiben oder eines Musters und einer Adressliste, in der alle Empfänger des Rückrufschreibens aufgeführt sind.
Die Pflicht des Schuldners zur Offenlegung sämtlicher Rückrufadressaten gegenüber dem Gläubiger sei implizierter Bestandteil des Rückrufanspruchs. Sie bestehe unabhängig davon, ob sie im Tenor ausdrückliche Erwähnung findet und ob der Gläubiger neben dem Rückruf- auch einen Auskunftsanspruch geltend macht. Zwar gebe es faktische Überschneidungen der Informationen zu den Rückrufadressaten mit den gemäß § 140b PatG zu erteilenden Auskünften über die Abnehmer patentverletzender Erzeugnisse. Trotzdem handele es sich um zwei selbstständige Ansprüche, die der Patentinhaber unabhängig voneinander durchsetzen könne. Anderenfalls müsste der Patentinhaber immer auf Rückruf und auf Auskunft klagen, nur, um die Erfüllung des Rückrufanspruchs nachvollziehen zu können; dies finde weder im Patentgesetz noch in der Durchsetzungsrichtlinie eine Stütze.
Das OLG Düsseldorf scheint dem Rückrufgläubiger damit einen selbstständig durchsetzbaren Anspruch auf Nachweis der Erfüllung der Rückrufverpflichtung durch Offenlegung sämtlicher Rückrufadressaten an die Hand zu geben. In der Vergangenheit hatte sich das OLG Düsseldorf noch ausdrücklich gegen einen solchen Anspruch ausgesprochen, jedenfalls dann, wenn die Offenlegungspflicht nicht im Rückruftenor auftauchte und die Schuldnerin auch zur Rechnungslegung über die gewerblichen Abnehmer der angegriffenen Erzeugnisse verurteilt worden war (Beschl. V. 26.5.2015 – 2 W 9/15, BeckRS 2016, 5567). Die Offenlegung sämtlicher Rückrufadressaten wurde allenfalls im Berufungs- oder Vollstreckungsverfahren für die substantiierte Darlegung einer eingewandten Erfüllung des Rückrufanspruchs vom Schuldner verlangt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. V. 6.5.2010 – 2 U 98/09, BeckRS 2010, 15888).
Überdies beschäftigte sich das OLG Düsseldorf mit dem Erfordernis der „Ernsthaftigkeit“ und betonte, dass der Rückruf nicht als „bloße Bitte“ formuliert sein dürfe. Eine Aufforderung zur Rückgabe patentverletzender Gegenstände sei nur dann ernsthaft, wenn der Schuldner (i) den Grund der Rückrufaktion mitteilt und (ii) entweder überhaupt nicht, auch nicht konkludent, auf die Freiwilligkeit der Rückgabe hinweist, oder (iii) die Rückrufadressaten zugleich darüber belehrt, dass sie sich selbst Ansprüchen wegen Patentverletzung aussetzen, wenn sie die zurückgerufenen Produkte weiterhin vertreiben oder gebrauchen, und dass sie „mit Entdeckung zu rechnen“ haben, weil die Rückrufpflicht die Offenlegung aller Rückrufadressaten gegenüber dem Patentinhaber bzw. Gläubiger umfasst. Gegenüber Abnehmern, die das betreffende Patent mit dem Vertrieb oder Gebrauch der zurückgerufenen Gegenstände nicht selbst verletzen, weil sie beispielsweise im patentfreien Ausland sitzen, verbiete sich allerdings von vornherein jeder Freiwilligkeitshinweis.
Der Schuldner, der seine Abnehmer – zulässigerweise – darauf hinweist, dass die Rückgabe freiwillig ist, dürfe nur in absoluten Ausnahmefällen von der Belehrung über die negativen patentrechtlichen Konsequenzen bei fortgesetztem Benutzen der zurückgerufenen Gegenstände absehen. Die Belehrung sei nur dann entbehrlich, wenn der Abnehmer über die aufklärungspflichtigen Umstände bereits aufgrund eigenen Wissens hinreichend im Bilde ist. Grundsätzlich könne allerdings selbst bei Unternehmen mit eigener Rechts- oder Patentabteilung kein entsprechendes patentrechtliches Detailwissen vorausgesetzt werden und auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Abnehmer im Zeitpunkt des Rückrufverlangens anwaltlich vertreten sind. Anderes habe der Schuldner darzulegen. Auch in dieser Hinsicht scheint das OLG Düsseldorf strenger zu sein als zuvor. So hielt es in seiner früheren Rechtsprechung (Beschl. v. 26.5.2015 – I-2 W 9/15, BeckRS 2016, 5567) eine Rechtsfolgenbelehrung gegenüber Rückrufadressaten, die, wie beispielsweise Abnehmer medizinisch-technischer Erzeugnisse, ständig mit patentgeschützten Gegenständen umgehen, noch für entbehrlich und sah die Darlegungslast für eine etwaig fehlende patentrechtliche Sachkunde der Rückrufadressaten beim Gläubiger.
Die Entscheidungen des OLG Düsseldorf machen den Rückrufanspruch zu einem effektiveren Werkzeug. Dies ist im Sinne der Durchsetzungsrichtlinie, die in Art. 3 Abs. 2 verlangt, dass Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen.