Die Klägerin verwendet seit dem Jahre 1994 die Zeichen „MK-3“, „MK-8“ und „MK-9“ für Reizstoffsprühgeräte (im Volksmund: „Pfefferspray“). Die Beklagte verwendet diese Zeichen nach Kenntnis der Klägerin seit dem Jahre 2000 ebenfalls für Reizstoffsprühgeräte. Eine dritte Firma, die frühere Lieferantin der Klägerin und jetzige Lieferanten der Beklagten, war Inhaberin einer Unionsmarke „MK“ für Reizstoffsprühgeräte. Der Markenschutz endete im Jahre 2011, weil die dritte Firma die Schutzdauer der Marke „MK“ nicht verlängern ließ.
Am 03.02.2016 bzw. 02.06.2016 meldete die Klägerin die Zeichen „MK-3“, „MK-8“ und „MK-9“ jeweils als deutsche Marke für Reizstoffsprühgeräte an.
Unmittelbar nach Eintragung dieser Marken in das Register mahnte die Klägerin die Beklagte wegen Benutzung dieser Zeichen für Reizstoffsprühgeräte ab. Die Beklagte weigerte sich, die verlangte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Die Klägerin erhob daraufhin eine Unterlassungsklage und machte auch die Folgeansprüche auf Auskunft, Schadenersatz, Vernichtung und Erstattung der Abmahnkosten geltend. Die Beklagte erhob in dem Verletzungsprozess die Einrede der Löschungsreife der Klagemarken wegen böswilliger Anmeldung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. Grundsätzlich kann sich der Beklagte in einem Verletzungsprozess nicht darauf berufen, dass die Klagemarke wegen absoluter Schutzhindernisse gem. § 8 Abs. 2 MarkenG nicht hätte eingetragen werden dürfen, weil der Verletzungsrichter an die Eintragung der Marke gebunden ist. Eine Ausnahme gilt für die böswillige Markenanmeldung, weil dieses absolute Schutzhindernis im Anmeldeverfahren nicht geprüft wird. Sollte somit eine böswillige Markenanmeldung vorliegen, kann der Beklagte dies im Verletzungsprozess einredeweise geltend machen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gab der Klage statt. Eine Verletzung der Marken der Klägerin lag unstreitig vor, weil die Beklagte identische Zeichen für identische Waren benutzte. Die von der Beklagten erhobene Einrede der böswilligen Markenanmeldung war nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht erfolgreich.
Der Anmelder eines Kennzeichens handelt nicht schon deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2008, Seite 621 ff. – Academics). Im Markenrecht gibt es kein Recht zur Vorbenutzung. Es ist daher grundsätzlich nicht beanstanden, wenn jemand eine Marke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen anmeldet, obwohl er weiß, dass ein anderer dieses Zeichen für identische Waren- oder Dienstleistungen schon benutzt, dabei aber versäumt hat, dieses Zeichen als Marke schützen zu lassen.
Nur wenn besondere Umstände hinzutreten, ist eine solche Markenanmeldung zu beanstanden. Solche besondere Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren- oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers, oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder dass der Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt.
Eine solche Behinderungsabsicht der Klägerin lag hier nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht vor. Die Klägerin habe einen hinreichenden sachlichen Grund für die Anmeldung der Marken gehabt. Die Klägerin benutze diese Zeichen seit dem Jahre 1994, so dass es ihr nicht verwehrt werden könne, die Verwendung dieser Zeichen durch einen Markenschutz abzusichern. Ferner habe auch jedermann – auch die Beklagte – die Möglichkeit gehabt, diese Zeichen als Marken schützen zu lassen, nachdem der Markenschutz für die Unionsmarke „MK“ für die dritte Firma im Jahre 2011 ausgelaufen war.
Für die Einrede der Löschungsreife einer Klagemarke wegen böswilliger Markenanmeldung „hängen die Trauben also durchaus hoch“.
Sollte der Markenanmelder darlegen können, dass er einen sachlichen Grund für die Markenanmeldung hat und die Marke selbst benutzen, so wird diese Einrede in der Regel nicht durchgreifen.