Der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe ist Inhaber der nachfolgend wiedergegebenen deutschen Farbmarke „Rot“. Die Marke wurde aufgrund von Verkehrsdurchsetzung in das Register eingetragen.
Der Verband verklagte u. a. aufgrund dieser Farbmarke die spanische Santander-Bank, welche ihre Hausfarbe „Rot“ – allerdings in einem anderen Farbton – u. a. anlässlich der Formel-1-Veranstaltung „Großer Preis Santander von Deutschland 2001“ bei ihrer Werbung an den Absperrbanden und an der Podestrückwand verwendete. Die Beklagte zu 2) in dem Verletzungsprozess ist die Muttergesellschaft des international operierenden spanischen Finanzkonzerns „Santander“. Die Beklagte zu 2) hat eine Zweigniederlassung in Deutschland und besitzt die Erlaubnis, in Deutschland Bankgeschäfte zu betreiben. Ihre Tochtergesellschaft, die Beklagte zu 1), unterhält in Deutschland etwa 200 Bankfilialen.
Die Beklagten gingen zum Gegenangriff über und beantragten beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der oben wiedergegebenen abstrakten Farbmarke „Rot“. Im Verletzungsprozess beantragten sie die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über diesen Löschungsantrag.
Das Berufungsgericht im Verletzungsverfahren (OLG Hamburg) gab dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens in Richtung der Beklagten zu 1) statt. In Richtung der Beklagten zu 2) wies das OLG Hamburg die Berufung des Verbandes gegen das insoweit klageabweisende erstinstanzliche Urteil mit einem Teilurteil zurück.
Auf die Revision des Verbandes hob der BGH mit Urteil vom 23.09.2015 das Teilurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück (dieses Urteil ist abgedruckt in GRUR 2015, S. 1201 ff.).
Der BGH verneinte einen Anspruch des Verbandes gegen die Santander-Gruppe gemäß §§ 14 Abs. 5, 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Identitäts-Schutz), weil die Santander-Bank einen anderen roten Farbton verwende. Die sich gegenüberstehenden Zeichen seien damit nicht identisch, so dass § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht als Anspruchsgrundlage in Betracht komme.
Der BGH verneinte auch einen Anspruch gemäß §§ 14 Abs. 5, 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Verwechslungsgefahr), weil die Santander-Gruppe ihre Hausfarbe „Rot“ in diesem Falle nicht markenmäßig benutzen würde.
Der BGH kam allerdings zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch gemäß §§ 14 Abs. 5, 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Bekanntheits-Schutz) nicht verneint werden könne. Bei der abstrakten Farbmarke „Rot“ des Verbandes handele es sich um eine bekannte Marke. Für die Bejahung eines entsprechenden Anspruches genüge auch die Beeinträchtigung einer anderen Funktion als der Herkunftsfunktion. Zur Klärung der Frage, ob dieser Anspruch letztendlich bestehen würde, verwies der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurück.
Nunmehr entschied der BGH mit Beschluss vom 21.07.2016 auch über den Löschungsantrag der Santander-Gruppe gegen die abstrakte Farbmarke „Rot“.
Der BGH bestätigte zunächst die Ansicht des Bundespatentgerichts, wonach das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegen würde. Abstrakte Farbmarken seien im allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil der angesprochene Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnehme. Dieses Schutzhindernis sei jedoch aufgrund der vom Deutschen Patent- und Markenamt bei der Anmeldung angenommenen Verkehrsdurchsetzung überwunden worden.
In dem Löschungsverfahren habe der Verband eine Verkehrsdurchsetzung zum Zeitpunkt der Anmeldung der abstrakten Farbmarke „Rot“ (07.02.2002) zwar nicht mehr nachweisen können. Allerdings habe der Verband durch Vorlage entsprechender Gutachten darlegen und nachweisen können, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag eine solche Verkehrsdurchsetzung für die abstrakte Farbmarke „Rot“ für die in Rede stehenden Dienstleistungen vorliegen würde. Dies reiche aus, um den Löschungsantrag zurückzuweisen, weil es beim Löschungsverfahren gemäß § 50 MarkenG darauf ankomme, dass das Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung bestehe. Dies sei nicht der Fall, weil der Verband die Verkehrsdurchsetzung zu diesem Zeitpunkt habe nachweisen können. Daher sei der Löschungsantrag zurückzuweisen.
Fazit: Wer sich gegen einen Löschungsantrag gemäß §§ 50, 8 MarkenG verteidigen muss, sollte spätestens nach Erhalt des Löschungsantrages entsprechende Gutachten in Auftrag geben und bei langer Dauer des Verfahrens auch gegebenenfalls nicht nur ein, sondern mehrere Gutachten, insbesondere kurz vor der Entscheidung über den Antrag, vorlegen.