Eine von einem Facebook-Nutzer selbst vorgenommene Einladung an einen E-Mail-Kontakt, der bislang nicht Mitglied bei Facebook war, ist auch wettbewerbsrechtlich zulässig. Warum wird dann die „Freunde-Finden“-Funktion von Facebook, welche sich in ähnlichen Formen auch bei anderen Social Media-Plattformen findet, als wettbewerbsrechtlich unzulässig betrachtet?
Ausgangspunkt ist, dass solche Einladungs-E-Mails ungeachtet ihrer Versendung durch den registrierten Nutzer bei Facebook, der „Freunde finden“ will, als Werbung im Sinne des Wettbewerbsrechts angesehen werden, weil es sich um eine von der Plattform zur Verfügung gestellte Funktion handelt, mit der Dritte zur Teilnahme an Facebook eingeladen werden sollen. Solche per Massenabwurf mit der spezifischen Facebook-Funktion versendeten E-Mails werden nicht mehr als private Mitteilungen des Users, sondern als Werbung der Social-Media-Plattform angesehen. Die Rechtsprechung fasst den Begriff der Werbung weit. Danach sollen alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind, was neben der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung durch Image-Werbung oder Sponsoring umfasst, als Werbung zu qualifizieren sein (vgl. BGH GRUR 2013, 259, 260 – Empfehlungs-E-Mail). Nach jener weiten Definition hat die Rechtsprechung bereits Empfehlungs-E-Mails, welche von Unternehmenswebseiten durch Nutzer unverlangt an Dritte versendet werden konnten (Tell-a-friend-Funktion), genauso beurteilt wie unverlangte Werbe-E-Mails des Unternehmens selbst und als unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Absatz 2 Nr. 3 UWG qualifiziert.
Auch in dem aktuellen Urteil „Freunde finden“ hat das Gericht nun solche Einladungs-E-Mails aus der Sicht der angesprochenen Adressaten nicht als private Mitteilung des „Facebook“-Nutzers, sondern als Werbung der Social Media-Plattform qualifiziert.
Nach Auffassung des BGH sind solche Einladungs-E-Mails an Empfänger, welche in den Erhalt der E-Mails nicht ausdrücklich eingewilligt haben, als unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Absatz 2 Nr. 3 UWG zu qualifizieren. Der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor. Insoweit kann noch nicht beurteilt werden, ob diese Qualifizierung der Einladungs-E-Mails als Werbung auch dann gilt, wenn die Empfänger der Einladungs-E-Mails bereits bei Facebook registriert sind. Ebenso interessant ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen nach dem Import eines Mail-Adress-Accounts des Nutzers in das Facebook-Nutzerkonto nicht mehr von rechtswidrigen Werbe-Einladungs-E-Mails der Social Media-Plattform zu Werbezwecken ausgegangen werden kann. Dies dürfte anzunehmen sein, wenn der Nutzer auf der Social Media-Plattform selbst Einladungs-E-Mails an bestimmte, von ihm ausgewählte Empfänger auf der Liste aus seinem Social-Media-Adress-Account heraus versendet oder die Texte an den E-Mail-Verteiler individuell gestaltet.
Ebenso zu klären bleibt, wie solche Einladungs-E-Mails in Bezug auf den E-Mail-Header sowie den sonstigen Inhalt der Einladungs-E-Mail, also z. B. den Verzicht auf optisch deutliche Werbeelemente, auszugestalten wären, damit aus der Sicht der Empfänger eine Qualifizierung der Einladungs-E-Mail als Werbung der Social-Media-Plattform nicht mehr in Betracht kommt.
Der Bundesgerichtshof hat die „Freunde finden“-Funktion nicht allein unter dem Gesichtspunkt des § 7 Absatz 1 und 2 Nr. 3 UWG, sondern ebenfalls als irreführende geschäftliche Handlung, § 5 UWG, beanstandet. Die geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Absatz 1 Ziffer 1 UWG bestünde in der Bereitstellung der „Freunde finden“-Funktion an den Nutzer. Nach den seinerzeit zum Zeitpunkt der Beanstandung der Funktion im November 2010 erteilten, offenbar unzulänglichen Hinweisen von Facebook sollen Nutzer entgegen § 5 UWG über die Art und den Umfang der Nutzung ihrer persönlichen E-Mail-Kontaktdaten getäuscht worden sein. Denn offenbar fand sich beim ersten Schritt des Registrierungsvorgangs für den Import und die Nutzung der E-Mail-Kontaktdaten des Nutzers nur ein Hinweis „Sind deine Freunde schon bei Facebook?“ und keine Belehrung, dass die vom Nutzer importierten E-Mail-Kontaktdaten ausgewertet, auf Facebook importiert werden und dann nachfolgend an alle Kontakte einschließlich derjenigen Personen, welche noch nicht bei Facebook registriert waren, per Massenabwurf Einladungs-E-Mails versendet werden. Jene Informationen fanden sich wohl nicht unmittelbar wahrnehmbar für den Nutzer unter einem weiteren Verweis „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“. Der BGH hat insoweit die Auffassung vertreten, dass solche versteckt platzierten Hinweise nicht für eine Ausräumung der Irreführung der betroffenen Facebook-Nutzer ausreichen.
Unabhängig von der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit solcher Marketing-Maßnahmen der Social Media-Plattform ist die datenschutzrechtliche Problematik der Maßnahme gesondert zu prüfen. Es bedarf insoweit jedenfalls u.a. einer datenschutzrechtlich wirksamen Einwilligung des Nutzers der Social Media-Plattform in die Verarbeitung und Nutzung seiner E-Mail-Kontakt-Adressdaten.