Das Landgericht München I hatte in mehreren patentrechtlichen Verfahren aus standardessenziellen Patenten jeweils Unterlassungsurteile nebst Auskunft und Nebenansprüchen erlassen. Dabei hatte das Gericht die Sicherheitsleistung jeweils relativ niedrig festgesetzt. Den Betrag der Sicherheitsleistung errechnete das Landgericht jeweils danach, was der Beklagte für eine Lizenznahme hätte aufwenden müssen. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass ein wirtschaftlich denkender Beklagter es unter Anwendung der Obliegenheit der Schadensminderung nicht zur Unterlassungsvollstreckung kommen lassen dürfe, sondern dann eine ihm angebotene (allerdings zwischen den Parteien hoch umstrittene) Lizenz nehmen müsse. Wenn er in einer solchen Situation die Lizenz nicht nehme, verletze er den Grundsatz der Schadensminderungspflicht und sei daher für die weiteren Konsequenzen nach § 254 BGB selbst verantwortlich.
Das Gericht sah daher den Beklagten in der Pflicht, nach dem erstinstanzlichen Urteil im Falle einer Vollstreckung die Lizenz nehmen zu müssen. Daher werde die Sicherheitsleistung nur in der Höhe der zu erwartenden Lizenzgebühr festgesetzt und nicht nach dem Schaden, der tatsächlich bei einer Unterlassungsvollstreckung drohe.
Dem ist das Oberlandesgericht München in einem Teilurteil, 6 U 6389/20 Kart, entgegengetreten. Das Oberlandesgericht blieb bei dem Grundsatz, dass der zu erwartende Schaden der Unterlassungsvollstreckung die Höhe der erforderlichen Sicherheitsleistung bestimme und nicht eine stattdessen zu nehmende Lizenz. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, eine solche Lizenz zu nehmen, schon weil ihm dann auch die Berufung nicht mehr möglich sei, weil dann die Hauptsache für erledigt erklärt werden müsste. Ferner würde der Beklagten auferlegt, sich gegen ihren Willen in einen (umfangreichen Portfolio-)Lizenzvertrag zu begeben und ihre Position aufzugeben, wonach das betreffende klägerische Lizenzangebot gerade nicht angemessen sei. Auch eine Lizenzvereinbarung „unter dem Vorbehalt der rechtskräftigen Verurteilung“ sei nach den anzuwendenden vertragsrechtlichen Grundsätzen nicht möglich. Eine derartige Obliegenheit zur Schadensminderung würde auch die Grenzen des Zumutbaren, wie sie auch im Rahmen des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zu beachten sei, überschreiten. Vielmehr stehe es jeder Partei frei, ihre Rechte auf dem gesetzlich vorgegebenen Rechtsweg zu suchen und klären zu lassen und diese freie Entscheidung könne nicht durch eine Obliegenheit über den Weg des Mitverschuldens nach § 254 BGB eingeschränkt werden.