Der „Goldhase“ beschäftigt die Gerichte schon seit vielen Jahren (sh. insbesondere OLG Frankfurt/Main, GRUR-RR 2008, 191; BGH GRUR 2011, 148; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2012, 255; BPatG, GRUR 2011, 68; OLG Frankfurt am Main GRUR-RR 2004, 136; österreichischer OGH, GRUR Int 2005, 945; BGH GRUR 2007, 235; EuG GRUR 2011, 425 und EuGH GRUR 2012, 925).
In der zuletzt genannten Entscheidung hat der EuGH festgestellt, dass die Form des „Goldhasen“ mit rotem Band und Glöckchen mangels Unterscheidungskraft nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig sei.
Lindt verfügte damit nicht über eine Formmarke an dem „Goldhasen“.
In dem jetzigen Verfahren hat Lindt geltend gemacht, dass sie eine Farbmarke an dem Goldton des „Goldhasen“ kraft Verkehrsgeltung gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG erworben hat. Lindt hat dazu folgendes vorgetragen: Der Goldhase werde als 10 g, 50 g, 100 g, 200 g, 500 g und 1 kg Schokoladenhase angeboten. Es gäbe verschiedene Sorten, die sich äußerlich vor allem durch die farbliche Gestaltung des Halsbandes unterscheiden würden. Der Lindt-Goldhase sei im Jahre 1952 entwickelt worden und werde seitdem in Deutschland in goldener Folie angeboten. Im aktuellen Goldton werde er seit dem Jahre 1994 in Deutschland vertrieben. Lindt habe in den letzten 30 Jahren allein in Deutschland mehr als 500 Millionen Goldhasen abgesetzt. Der Lindt-Goldhase sei der mit Abstand meistverkaufte Osterhase Deutschlands. Sein Marktanteil habe in Deutschland im Jahre 2017 über 40 % betragen. Lindt bewerbe den Goldhasen vor und zu Ostern in großem Umfang in einer Vielzahl unterschiedlicher Medien. Ferner legte Lindt ein Verkehrsgutachten aus dem September 2018 vor, wonach knapp 80 % des angesprochenen Verkehrs den goldenen Farbton als Herkunftshinweis auf Lindt verstehen würden.
Des Weiteren war unstreitig, dass Lindt den Goldton nicht für sämtliche oder zahlreiche Produkte aus ihrem Hause verwendet und damit nicht als „Hausfarbe“.
Das Landgericht München I gab der Klage auf der Grundlage einer kraft Verkehrsgeltung gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG erworbenen Farbmarke statt (WRP 2019, 1625). Das OLG München hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies die Klage ab (WRP 2020, 1633). Zur Begründung führte das OLG München im Wesentlichen aus, dass der goldene Farbton des Lindt-Goldhasen für die Ware Schokoladenhasen keine Verkehrsgeltung erlangt habe. Das vorgelegte Verkehrsgutachten trage nicht dem Umstand Rechnung, dass die Klägerinnen die goldene Farbe nicht für Schokoladenhasen generell verwenden würden, sondern nur für ein sehr bekanntes und erfolgreiches Produkt. Die vermeintliche Zuordnung der goldenen Farbe zum „Unternehmen Lindt“ bei Schokoladenhasen beruhe allein auf der außergewöhnlichen Bekanntheit des Lindt-Goldhasen und begründe keine Verkehrsgeltung der Farbe des Goldhasen für jede Form der in entsprechender Goldfolie eingewickelten Schokoladenhasen. Dementsprechend liege allein in der großflächigen Benutzung der goldenen Farbe für die Hasen der Beklagten auch keine markenmäßige Benutzung.
Der Bundesgerichtshof sah die Sache anders und stellte fest, dass Lindt sehr wohl eine Benutzungsmarke gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG kraft Verkehrsgeltung an dem Goldton für den Goldhasen erworben habe.
Nach § 4 Nr. 2 MarkenG entsteht der Markenschutz durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat.
Der Bundesgerichtshof nahm insoweit Bezug auf das von Lindt vorgelegte Verkehrsgutachten, wonach mehr als 80 % der Befragten den goldenen Farbton als Herkunftshinweis auf Lindt ansehen würde. Für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG werde im Regelfall ein 50 % übersteigender Zuordnungsgrad ausreichen (z. B. BGH GRUR 2015, 581 – Langenscheidt – Gelb und GRUR 2015, 1012 – Nivea – Blau). Da der erforderliche Zuordnungsgrad für eine Verkehrsgeltung innerhalb beteiligter Verkehrskreise im Sinne von § 4 Nr. 2 MarkenG niedriger liegen könne als bei der Verkehrsdurchsetzung (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Kommentar zum Markengesetz, zu § 4, Rn. 47 und § 8 Rn. 665), genüge ein Zuordnungsgrad von über 50 % erst recht für eine Verkehrsgeltung.
Für die Verkehrsgeltung eines Farbzeichens sei es – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch nicht erforderlich, dass es sich um eine sogenannte „Hausfarbe“ für sämtliche oder jedenfalls für eine Vielzahl von Waren des betreffenden Unternehmens handele. Diese Voraussetzung könne der Vorschrift des § 4 Nr. 2 MarkenG nicht entnommen werden. Der Erwerb von Verkehrsgeltung setze nur voraus, dass das betreffende Zeichen als Hinweis auf die Herkunft eines Produkts diene und diese Voraussetzungen seien, wie dargelegt, hier gegeben.
Der BGH entschied in der Sache nicht. Er hob vielmehr das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück, weil das Berufungsgericht noch Feststellungen zu der behaupteten Verletzung der Farbmarke treffen müsse. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren bleibt abzuwarten.