Das LG Hannover hat am 13.02.2024 ein bemerkenswertes Urteil (nicht rechtskräftig) zu der Durchsetzbarkeit und den Wirkungen von Gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) erlassen, Az. 18 O 193/22. Geltend gemacht war der Unterlassungsanspruch eines Verbands gegen einen Werknutzer aus § 36b UrhG auf Unterlassung von Einkaufs- und Honorarbedingungen (AGB) eines Werknutzers. Der Werknutzer war zuvor aus dem Verband der Werknutzer ausgetreten. Gleichwohl erfolgte eine Untersagung aus § 36bUrhG. Die wesentlichen Aussagen sind:
1. Die GVR verstoßen nicht gegen das europarechtliche Kartellverbot (Art. 101 Abs. 1 AUEV), Anschluss an OLG Nürnberg, Endurteil v. 29.12.2020 – 3 U 761/20.
2. GVR können mangels einer gesetzlichen Regelung nicht ordentlich gekündigt werden. Auch § 77 Abs. 5 BetrVG eröffnet keine Kündigungsmöglichkeit.
3. Sie können auch nicht nach § 314 BGB wegen der Änderung der Gesetzeslage in der Urheberrechtsnovelle vom 01.03.2017 außerordentlich gekündigt werden.
4. Ein Austritt eines Verwerters aus der Werknutzervereinigung ändert dies nichts daran, dass er bei Aufstellung der GVR Mitglied derselben war und sich nicht auf eine Bestimmung berufen kann, die zum Nachteil des Urhebers von der GVR abweicht (Anschluss an Dreier/Schulze/Schulze, 7. Aufl. 2022, UrhG § 36b Rn. 5.
5. Eine nachteilige Abweichung von GVR ist nicht zulässig und kann gerichtlich untersagt werden. Werden in der GVR Einzelvergütungen vorgesehen, ist eine pauschale Vergütungsbestimmung in jeder Hinsicht mit den GVR unvereinbar und daher rechtswidrig.
6. Es ist Aufgabe der Werknutzer, bei Bindung an die GVR die dortigen differenzierten Honorarregelungen angemessen in ihren AGB abzubilden.
7. Ob solche AGB auch nach § 138 BGB nichtig sind, konnte offenbleiben.