Dass dabei die hauptsächlich angerufenen Landgerichte in Düsseldorf, Mannheim und München dem FRAND-Einwand eher reserviert gegenüberstehen, ist aus vielerlei Gründen nicht überraschend. Vor allem das Bestreben, Verletzungsprozesse zügig mit Sachentscheidungen abzuschließen, spricht dagegen, dem FRAND-Einwand einen extensiven Anwendungsbereich zu gewähren.
Daraus haben sich in jüngster Zeit mehrere Entscheidungen ergeben:
Der Fokus hat sich teils darauf gerichtet, ob das jeweilige Klageschutzrecht tatsächlich ein Patent ist, das zu einer Marktbeherrschung des Patentinhabers führt. In der sogenannten NFC-Entscheidung hat das Landgericht Düsseldorf (Urt. v. 26.03.2015, Az. 4b O 140/13) eine Konstellation beurteilt, in der der betreffende Standard verschiedene Implementierungen zuließ und das Klagepatent nur eine von mindestens zwei möglichen technischen Varianten abdeckte. Unabhängig von der Frage, ob der betreffende Standard (NFC) überhaupt zu einer Marktbeherrschung für den Smartphone-Markt führen konnte, hat das Landgericht die Marktbeherrschung (und damit auch die Anwendbarkeit der FRAND-Verteidigung) schon deswegen verneint, weil es eine standardkonforme und patentfreie Implementierungs-Alternative gab. Es handelte sich also um eine Sonderkonstellation, die im Ergebnis zutreffend entschieden wurde. Implementierungspatente sind von vornherein keine SEP’s.
Weitere erstinstanzliche Entscheidungen befassten sich mit Fällen, in denen der Patentinhaber eines SEP vor der Klageerhebung seinen FRAND-Verpflichtungen nicht nachgekommen war. Mehrere Entscheidungen haben den Patentinhabern großzügig die Heilung eigener Versäumnisse gestattet, dagegen den Patentnutzern eben diese versagt. So konnte ein Patentinhaber, der nach Anhängigkeit, aber vor Rechtshängigkeit ein nicht näher spezifiziertes Lizenzangebot unterbreitet hatte, dem FRAND-Einwand entgehen, weil der Beklagte nach der Auffassung des Urteils nicht zügig mit einem Gegenangebot geantwortet hatte. Der Umstand, dass dies weder dem Wortlaut, noch der ratio der EuGH-Entscheidung entspricht, musste demgegenüber zurückstehen, weil das Urteil mit einer hypothetischen Kausalitätserwägung feststellte, dass der Beklagte jedenfalls vor oder mit der Klageerwiderung seinerseits ein FRAND-Vertragsangebot hätte vorlegen müssen, um als lizenzwilliger Patentnutzer angesehen werden zu können. Dieses Versäumnis brachte ihn also um sein Verteidigungsargument.
Die vergleichbare Herangehensweise eines anderen Urteils zeigte sich in einem Fall, in dem der Patentinhaber zwar ein Lizenzangebot vorgelegt, dies aber wohl eher nicht FRAND-Bedingungen entsprochen hatte. Auch hier verlor der Patentnutzer den FRAND-Einwand mit der Erwägung, dass es nach einem ersten Lizenzangebot jedenfalls die Obliegenheit des Patentnutzer gewesen wäre, unverzüglich ein Gegenangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten, selbst wenn das ursprüngliche Lizenzangebot nicht diesen Bedingungen genügt haben sollte.
Diese beiden Entscheidungen zeigen die Tendenz der Landgerichte, dem Patentinhaber die Nachholung und damit Heilung etwaiger Versäumnisse während des Verletzungsprozesses zu gestatten, dem Patentnutzer hingegen zu versagen. Gerade bei der vielfach unklaren Rechts- und Tatsachenlage führt diese Tendenz zu einem strukturellen Ungleichgewicht in den rechtlichen Verteidigungsoptionen der Prozessparteien und zugleich zu einer bedenklichen Schräglage der Grundsätze des fair trial.
Zutreffend korrigierte das OLG Düsseldorf die letztgenannte Rechtsprechung in zwei Beschlüssen vom 13.01.2016, I-15 U 66/15 und I-15 U 65/15, in denen das OLG klarstellte, dass ein anfängliches Lizenzangebot des Patentinhabers keine Reaktionspflicht des Patentnutzers auslöst, wenn es nicht FRAND-Bedingungen genügt. Damit kehrt das OLG auf die Linie des EuGH zurück und verschafft dieser Entscheidung wieder eine Geltung, die durch landgerichtliche Entscheidungen zumindest infrage gestellt worden war.
Ferner ist zu hoffen, dass die Berufungsgerichte im gleichen Sinne auch die Nachholung/Heilung von Versäumnissen der abgestuften Handlungs- und Reaktionspflichten unter dem FRAND-Procedere behandeln, indem sie allen Parteien gleichermaßen diese Möglichkeit der Nachholung/Heilung eröffnen und dadurch die Grundsätze eines fairen Verfahrens wiederherstellen.