Einheitliches Patentgericht startet voraussichtlich im Dezember 2017 – Opt-Out-Anträge ab September 2017 möglich
Nunmehr hat die britische Regierung am 28. November 2016 ihre Absicht kundgetan, das EPGÜ so rasch als möglich zu ratifizieren, verbunden mit dem Hinweis, bei dem Einheitlichen Patentgericht handele es sich gerade nicht um eine EU-Institution. Im Anschluss hieran hat Großbritannien am 14.12.2016 das Protokoll über die Immunitäten und Privilegien des Einheitlichen Patentgerichts unterzeichnet. Das Inkrafttreten dieses Protokolls stellt eine weitere zwingende Voraussetzung für die Aufnahme des Betriebs dar. Dem Protokoll müssen Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Luxemburg (als Sitzstaat des Berufungsgerichts) zwingend zustimmen. Deutschland hat hierfür das Gesetzgebungsverfahren bereits eingeleitet. Der für das UPC verantwortliche britische Staatssekretär, Mr. Jo Johnson, bekräftigte Mitte Januar die Pläne Großbritanniens, das EPGÜ zeitnah zu ratifizieren. Geplant ist eine Ratifizierung im April.
Sobald Großbritannien und Deutschland die Ratifizierungsurkunde zum EPGÜ hinterlegt haben, sind die Voraussetzungen zum Inkrafttreten erfüllt. Das Einheitliche Patentgericht nimmt dann am 1. Tag des 4. Monats nach der Hinterlegung der Urkunde seinen Betrieb auf. Der Zeitplan sieht nun vor, dass das Protokoll über die vorläufige Anwendbarkeit institutioneller Bestimmungen des EPGÜ bereits im Mai 2017 in Kraft tritt. Mit dem Protokoll entsteht das Einheitliche Patentgericht als Rechtspersönlichkeit. Es ermöglicht die Wahl der nötigen Ausschüsse, die Wahl und Ernennung der Richter und des übrigen Personals, die Verabschiedung der Verfahrensordnung, die Verabschiedung eines Haushaltsplans, die Anmietung der Räumlichkeiten durch das Gericht und die Schaffung einer Gerichtskanzlei, die u.a. zuständig für die Annahme von Opt-Out-Erklärungen wird. Diese können bereits vor Start des Gerichtssystems eingereicht werden, voraussichtlich ab Septmeber 2017. Die betroffenen Patente werden dann so behandelt, als ob das Opt Out am ersten Tag des Inkrafttretens des EPGÜ eingereicht worden wären.
Die durch den angekündigten EU-Austritt Großbritanniens zu überwindenden juristischen Hürden sieht die britische Regierung als Teil des zu verhandelnden Austrittspakets. Dass sich das Vereinigte Königreich jedenfalls im Bereich des Patentrechts dem EU-Recht und der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs unterwerfen muss, soweit dieser in Fragen des Patentrechts zuständig ist, ergibt sich dabei bereits direkt aus dem EPGÜ (Art. 21 – Art. 23) und bedarf mithin keiner weiteren vertraglichen Regelung. Zu regeln sind aber die Einbeziehung Großbritanniens in das Gerichtssystem der EuGVVO (VO 1215/2012), sowie die Einbeziehung Großbritanniens in den Schutzbereich des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung. Die betreffenden EU-Verordnungen 1257/2012 und 1260/2012 stellen EU-Recht dar. Sie können nach einem vollzogenen Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU nicht ohne weiteres auf Großbritannien weiter angewandt werden. Allerdings stellen die beiden Verordnungen ein Sonderabkommen nach Art. 142 EPÜ dar (s. Art. 1 Abs. 2 VO 1257/2012). Eine Lösung könnte also darin bestehen, die einheitliche Wirkung der Einheitspatente über Art. 142 EPÜ auf Großbritannien zu erstrecken.
Sollten Ergänzungen am EPGÜ selbst nötig werden, können diese zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich direkt vereinbart werden. Das EPGÜ könnte dann über Art. 87 EPGÜ angepasst werden, um es in Einklang mit EU-Recht zu bringen. Dies bedürfte keiner neuen Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten.
Alle Beteiligten gehen davon aus, dass die juristischen Probleme überwunden werden können und den Start des Gerichtssystems nicht blockieren werden. Österreich, Belgien, Frankreich, Portugal, Luxemburg, Schweden, Malta, Finnland, Dänemark, die Niederlande und Bulgarien haben ihre Ratifizierungsurkunden bereits hinterlegt. Italien und Slowenien haben den parlamentarischen Prozess abgeschlossen und sollten in den kommenden Wochen folgen. In weiteren Staaten, darunter Litauen und Lettland ist der parlamentarische Prozess ebenfalls so weit fortgeschritten, dass diese Länder voraussichtlich von Beginn an teilnehmen werden. In Deutschland selbst rechnet man mit einer Ratifizierung noch vor Ende der Legislaturperiode. Es zeichnet sich daher ein Start mit 17 bis 20 Ländern ab.
2017 wird damit das Schlüsseljahr im Übergang zur Einheitlichen Patentgerichtsbarkeit. Preu Bohlig wird sie wie gewohnt kompetent, zeitnah, ausführlich und umfassend auf den Start des Gerichtssystems vorbereiten. Hierzu werden wir im ersten Semester 2017 Seminarveranstaltungen in Berlin, Düsseldorf und München anbieten. Wenn Sie Interesse an einer Teilnahme haben, können Sie sich unter eu-patent@preubohlig.de oder unter anf@preubohlig.de unverbindlich registrieren lassen. Wir informieren Sie dann umgehend über die konkreten Seminartermine und -orte. Darüber hinaus informieren wir Sie zeitnah über sämtliche Neuigkeiten auf unserer Homepage unter www.preubohlig.de.