Die Aufbereitung von Medizinprodukten und ihre Abgrenzung zur Aufbereitung als neu ist bereits unter der MDD und dem MPG thematisiert worden. Erstmals wird in der MDR nun die Neuaufbereitung definiert. Die Abgrenzung ist im Einzelfall auch vor dem Hintergrund der Regelungen zur Hersteller- und Händlereigenschaft in Artikel 10 und 16 MDR nicht immer einfach, zieht jedoch beachtliche regulatorische Konsequenzen nach sich. Auch markenrechtlich kann das Thema Aufbereitung relevant werden.
Mit Inkrafttreten der MDR wird per definitionem zwischen Aufbereitung und Neuaufbereitung unterschieden.
Art. 2 Nr. 31 MDR definiert „Neuaufbereitung“ im Sinne der Herstellerdefinition als die vollständige Rekonstruktion eines bereits in den Verkehr gebrachten oder in Betrieb genommenen Produkts oder die Herstellung eines neuen Produkts aus gebrauchten Produkten mit dem Ziel, dass das Produkt den Anforderungen dieser Verordnung entspricht; dabei beginnt für die als neu aufbereiteten Produkte eine neue Lebensdauer. Die Neuaufbereitung wird an keiner weiteren Stelle der Verordnung in Bezug genommen.
Art. 2 Nr. 39 MDR bezeichnet „Aufbereitung“ als ein Verfahren, dem ein gebrauchtes Produkt unterzogen wird, damit es sicher wieder verwendet werden kann. Zu diesen Verfahren gehören Reinigung, Desinfektion, Sterilisation und ähnliche Verfahren sowie Prüfungen und Wiederherstellung der technischen und funktionellen Sicherheit des gebrauchten Produkts.
Weitere Definitionen der MDR spielen bei der Abgrenzung der beiden Begriffe eine Rolle:
Art. 2 Nr. 28 MDR definiert „Inverkehrbringen“ als die erstmalige Bereitstellung eines Produkts auf dem Unionsmarkt.
Art. 2 Nr. 30 MDR bezeichnet als „Hersteller“ eine natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder als neuaufbereitet bzw. entwickeln, herstellen oder als neu aufbereiten lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet.
Art. 2 Nr. 34 MDR bezeichnet als „Händler“ jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, die ein Produkt bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme auf dem Markt bereitstellt, mit Ausnahme des Herstellers oder des Importeurs.
Die Bedeutung der Definition der Neuaufbereitung erschließt sich dementsprechend nur im Zusammenhang mit der Definition des Herstellers in Art. 2 Nr. 30 MDR. Danach unterscheidet sich die Neuaufbereitung im Sinne des Art. 2 Nr. 31 MDR von der einfachen Aufbereitung im Sinne von Art. 2 Nr. 39 MDR dadurch, dass das Neuaufbereiten ein neues Medizinprodukt entstehen lässt, dessen Hersteller nach Art. 2 Nr. 30 MDR der Neuaufbereiter wird.
Maßnahmen zur bloß sicheren Wiederverwendung nach Art. 2 Nr. 39 MDR stellen eine einfache Aufbereitung eines Medizinproduktes dar. Auch die Verwendung einzelner Teile aus anderen Medizinprodukten zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des bereits in Betrieb genommenen Medizinproduktes kann nicht pauschal eine Neuaufbereitung begründen, da die Wiederherstellung der verlorengegangenen technischen und funktionellen Sicherheit des gebrauchten Medizinproduktes auch von der Definition der einfachen Aufbereitung gemäß Art. 2 Nr. 39 MDR erfasst wird. Um eine Neuaufbereitung handelt es sich dagegen in der Regel, wenn die Leistung des Medizinprodukts geändert wurde. Dies ist insbesondere im Fall der Generalüberholung der Fall.
Stets kommt es daher im Einzelfall auf eine qualitative Gesamtbetrachtung an. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung dürfte, wie in der Literatur zutreffend vertreten wird, der entscheidende Punkt in der Frage liegen, ob die Maßnahme zum Ziel hat, das Produkt nach außen hin tatsächlich als neu und entsprechend werthaltig zu präsentieren oder ob sich die Maßnahmen darauf beschränken, die Sicherheit und Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten bzw. wiederherzustellen.
Im nationalen Recht findet die Aufbereitung von Medizinprodukten ergänzend zur MDR eine gesetzliche Regelung in §§ 4 und 17b MPDG sowie in § 8 und § 9 Betreiberverordnung. Während § 8 MPBetreibV die Aufbereitung von wiederverwendbaren Produkten regelt, stellt § 9 MPBetreibV die deutsche Regelung der Aufbereitung von Einmalprodukten (Art. 17 Abs. 1 MDR) dar.
Zutreffend wird hierzu vertreten, dass damit letztlich den Betreiber die Pflicht trifft, sich von dem Vorhandensein der Voraussetzungen bei dem Aufbereitungs- als auch dem Prüfungsunternehmen zu überzeugen. Hier könnte gegebenenfalls § 12 MPDG mit dem Verbot des Inverkehrbringens nicht sicherer Medizinprodukte greifen, wodurch ein generelles Verbot der Gefährdung im Rahmen des Lebenszyklus eines Medizinproduktes statuiert wird.
Dem Anwender und Betreiber obliegt eine eigene Produktbeobachtungspflicht, die ihm auch bei sachgemäßer Anwendung, korrekter Instandhaltung und zweckbestimmungsmäßiger Nutzung ein Verbot der Verwendung des Produktes auferlegen kann, sofern Gefährdungen für ihn erkennbar sind, die das aktuell gültige Maß überschreiten.
Wettbewerber können ihrerseits gegen nicht ordnungsgemäßes Aufbereiten von Medizinprodukten vorgehen, wobei der Unterlassungsanspruch insbesondere auf § 3a UWG i.V.m. § 12 MPDG und Irreführung über eine vermeintlich ordnungsgemäße Aufbereitung und nicht gegebene Tauglichkeit des Medizinproduktes zum sicheren Einsatz gemäß § 5 UWG gestützt werden kann.
In Art. 16 Abs. 1 lit. c MDR ist bestimmt, dass derjenige, der eine Änderung eines bereits im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkts vornimmt, in einer Art und Weise, die Auswirkungen auf die Konformität des Produkts mit den geltenden Anforderungen haben könnte, sämtliche Pflichten eines Herstellers gemäß der MDR hat. Insbesondere ist eine eigene technische Dokumentation und ein Qualitäts- bzw. Risikomanagementsystem vorzuhalten, welches zertifiziert sein muss, und es muss ein eigenes CE-Zeichen aufgebracht werden.
Ausgehend von Art. 16 Abs. 1 lit. c MDR ist festzustellen, dass die Herstellerpflichten zur Anwendung kommen können, selbst wenn im Zusammenhang mit einer Neuaufbereitung nach Art. 2 Nr. 31 MDR eine Herstellereigenschaft nach Art. 2 Nr. 30 MDR nicht gegeben ist, beispielsweise weil kein Inverkehrbringen unter eigenem Namen des Neuaufbereiters erfolgt.
Auch aus markenrechtlicher Sicht kann das Thema der Aufbereitung relevant werden, wobei schwerlich zwischen Aufbereitung und Neuaufbereitung unterschieden werden kann. Vielmehr bietet es sich an, im geschäftlichen Verkehr wie folgt zu unterscheiden:
Werden bei einer Aufbereitung bloße Standardkomponenten und einfache Verschließteile ausgetauscht, ist dies markenrechtlich grundsätzlich nicht erheblich. Soweit bei einer Aufbereitung dagegen zentrale Teile des Medizinprodukts getauscht werden, lässt sich argumentieren, dass die ursprüngliche Integrität der Medizinprodukte modifiziert wurde. Damit ließe sich nicht mehr von einer bloß markenrechtlich unerheblichen Aufbereitung bzw. Reparatur sprechen, sondern es kann eine Veränderung nach § 24 Abs. 2 MarkenG anzunehmen sein, die einer Erschöpfung nach § 24 Abs. 2 MarkenG entgegensteht.
Grundsätzlich kann also, jedenfalls wenn durch eine Aufbereitung der Ruf der Marke bzw. des Markeninhabers geschädigt wird (z.B. weil diese Aufbereitung nicht fachgerecht durchgeführt wurde und weiterhin die Markenrechte genutzt werden), ein Anspruch auf Unterlassung nach § 14 Abs. 5, 2 Nr. 1 MarkenG geltend gemacht werden.
Nach der MDR ist strikt zwischen Aufbereitung und Neuaufbereitung zu unterscheiden. Dies zeigen schon die unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen und Folgen: Während der ursprüngliche Hersteller bei einer Aufbereitung von Medizinprodukten Hersteller verbleibt, „verliert“ der ursprüngliche Hersteller die Herstellereigenschaft im Falle der Neuaufbereitung und trägt damit auch keine Verantwortung mehr für das neue Produkt. Mit anderen Worten: Wer neuaufbereitet wird Hersteller bzw. hat jedenfalls die Herstellerpflichten.