Wir trauern um unseren
langjährigen Kollegen und Freund
Jürgen Schneider
der nach kurzer schwerer Krankheit
völlig unerwartet von uns gegangen ist.
In tiefem Mitgefühl und mit größtem
Respekt nehmen wir Abschied von einem
wunderbaren Menschen.
Wenn Sie böhmisches Glas kaufen, werden Sie die Gewissheit haben, dass es in Böhmen hergestellt wurde und keine Fälschung oder Nachbildung ist.
Jozef Síkela, tschechischer Minister für Industrie und Handel, Vorsitzender Wettbewerbsfähigkeitsrat, 01.12.2022
Nach einer längeren Vorbereitungsphase, die mit ersten Konsultationen 2013 begann und in 2020/2021 intensiviert wurde, hat die Europäische Kommission am 13. April 2022 ihren Vorschlag für eine Verordnung zum Schutz geografischer Angaben für handwerkliche und gewerbliche Erzeugnisse vorgelegt (COM (2022) 174 final). Mit diesem, unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltendem Rechtsakt soll, dem Vorbild Schutz von geografischen Herkunftsangaben im Lebensmittelbereich folgend (VO (EU) Nr. 1151/2012; VO (EU) 2021/2117), für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse ein einheitliches europäisches Recht des Schutzes von Herkunftsbezeichnungen geschaffen werden. Mit der Verordnung sollen auch die Verpflichtungen aus der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben, welcher die EU im November 2019 beitrat, umgesetzt werden.
Nachdem der Wettbewerbsrat vom 01.12.2022 in einer gemeinsamen Ausrichtung dem Vorhaben trotz einiger – auch erheblicher- Änderungswünsche grundsätzlich zugestimmt hat (Ratsdokument 14703/22 (PI 152) vom 24.11.2022) und der Berichtsentwurf der Berichterstatterin Marion Walsmann (D, CDU) des JURI-Ausschusses des Europäischen Parlament vom 05.10.2022 (2022/0115(COD)) das Vorhaben positiv sieht, könnte das Vorhaben in absehbarer Zeit verabschiedet werden.
Was wird auf die deutsche Handwerkerschaft und Industrie zukommen? Ziel der Verordnung ist es, einen unionsweiten Schutz geografischer Angaben für handwerkliche und gewerbliche Erzeugnisse zu schaffen. Dieser soll über den bereits bestehenden Schutz für Weine und Lebensmittel hinaus einen solchen auch für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse schaffen. Der Schutz der Herkunftsangabe soll Produkte erfassen, welche, – folgt man den Vorstellungen des Rates- entweder „vollständig von Hand gefertigt wurden oder mithilfe von Handwerkzeugen oder digitalen Werkzeugen oder mechanischen Mitteln, vorausgesetzt, der unmittelbare manuelle Beitrag bildet den wichtigsten Bestandteil des Fertigerzeugnisses oder die standardisiert hergestellt werden, normalerweise serienmäßig und unter Verwendung von Maschinen“ (Art 3). Der Anwendungsbereich der neuen Verordnung wird daher weitreichend sein und soll im Wesentlichen in Angrenzung zu den bereits geschützten Agrarprodukten erfolgen.
Der Schutz der Herkunftsangabe erfolgt nach einer Eintragung in ein EU-Register, wobei dem Antragssteller ein zweistufiges EU-Prüfungsverfahren zur Verfügung steht. Eine erste Prüfung wird durch die nationalen Behörden erfolgen, dem anschließen wird der Antrag und die Titeleintragung durch das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) bestätigt. Für Mitgliedstaaten, welche nur „ein geringes lokales Interesse am Schutz handwerklicher und industrieller Erzeugnisse durch geografische Angaben“ (Ratsdokument Rn 18) zeigen kann ein direkter Antrag beim EUIPO vorgesehen werden.
Die Eintragung kann erfolgen, wenn das Erzeugnis aus „einem bestimmten Ort, einer bestimmten Region oder einem bestimmten Land“, stammt, wenn „dessen Qualität, Ansehen oder andere Merkmale …wesentlich auf diese geografische Herkunft zurückzuführen(sind)“ und „wenigstens einer der Produktionsschritte des Erzeugnisses … in dem abgegrenzten geografischen Gebiet (erfolgt), (Art 5). Es muss eine Produktspezifikation vorliegen, welche eine Beschreibung des Erzeugnisses einschließlich der verwendeten Rohstoffe enthält, mindestens ein Produktschritt muss in dem bezeichneten Gebiet erfolgen. (Art 7).
Bei der geografischen Angabe für handwerkliche und gewerbliche Erzeugnisse handelt es sich, wie bereits bei der geschützte Ursprungsbezeichnung und geschützte geografische Angabe bei Lebensmitteln (VO (EU) VO (EU) Nr. 1151/2012Art 12 Abs.1) um ein kollektives Recht, das von jedem Erzeuger eines bestimmten geografischen Gebietes, der die Produktspezifikation einhält, genutzt werden kann (Art 39 Abs. 2 Ratsentwurf).
Wert legt der Rat auf ein klares Verhältnis zwischen der geographischen Angabe und Marken (Ratsdokument Rn 20). Eine Eintragung als geschützte geographische Angabe soll daher nicht erfolgen, wenn dieser „in Anbetracht einer bekannten Marke oder einer notorisch bekannten Marke … geeignet wäre, den Verbraucher über die tatsächliche Identität des Erzeugnisses irrezuführen“ (Art 39 Abs. 1 Ratsentwurf).
Die von der Kommission vorgesehenen detaillierten Vorgaben zum Domainschutz fanden im Rat wenig Gegenliebe und dürften durch die allgemeinen Regelungen der Verordnung, welche ausdrücklich auch für die Nutzung von Domainnamen gelten sollen, ersetzt werden (Art 35 Ratsdokument).
Die Einhaltung der Verordnung wird durch die Nutzer der geschützten Herkunftsbezeichnung selbst sichergestellt werden. Folgt man auch hier den Vorstellungen des Rates nach einem einfachen und straffen Verfahren (Ratsdokument Rn 22ff, 24), muss der Erzeuger vor dem ersten Inverkehrbringen eine Eigenerklärung einreichen, in welcher er die Übereinstimmung seines Produktes mit den Produktspezifikationen bestätigt. Diese Erklärung muss alle drei Jahre erneuert werden (Art 46 Ratsentwurf). Die Behörde überprüft die Erklärung auf Vollständigkeit und Kohärenz, kann aber auch selbstständig Kontrollen durchführen bzw. durch Beauftragte durchführen lassen. Stellt sie Verstöße fest, ergreift sie Abhilfemaßnahmen.
Einiges wird im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch umgeschrieben werden. Alleine der Berichterstatterin des JURI- Ausschusses liegen über 500 Änderungsanträge (allerdings von nur wenigen Angeordneten) vor. Die grundsätzlichen Eckpfeiler für eine Ausweitung des Schutzes geographischer Herkunftsangaben für Produkte des Handwerks oder der Industrie, die mit einem besonderen Gebiet verbunden werden, sind aber erkennbar. Die, von Lebensmitteln bekannten gelb-roten oder geld-blauen Aufkleber, welche auf diesen besonderen Schutz hinweisen, sind daher demnächst auch auf Glasprodukten aus Böhmen oder – ich komme aus Baden-Württemberg- Kuckucksuhren zu erwarten. Der Schutz geistigen Eigentums wird eine neue Variante erhalten, auf den sich Produzenten und Verbraucher einzustellen haben.
Wir trauern um unseren
langjährigen Kollegen und Freund
Jürgen Schneider
der nach kurzer schwerer Krankheit
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In tiefem Mitgefühl und mit größtem
Respekt nehmen wir Abschied von einem
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