Bei den Auseinandersetzungen handelt es sich um die Verletzungsverfahren von Nokia aus verschiedenen Mobilfunk-SEP gegen Daimler wegen einer Telematikkontrolleinheit (TCU), die eine Funkverbindung des Fahrzeugs zu den Basisstationen der Mobilfunknetze herstellt.
Nokia weigert sich, den Lieferanten (verschiedener Stufen) der TCU eine Lizenz an ihren standardessenziellen Patenten zu gewähren und verlangt stattdessen einen bestimmten Betrag pro TCU vom Automobilhersteller.
Das Bundeskartellamt hat in einer insgesamt 24-seitigen Stellungnahme die Position der Parteien und insbesondere die rechtlichen Implikationen aus der Sicht der Kartellbehörde dargestellt. Dabei werden insbesondere die Fragen angesprochen, ob es nicht kartellrechtlich notwendig sei, jedem Nachfrager und damit jedem Lieferanten unabhängig von seiner Herstellungsstufe auf Verlangen eine Lizenz zu erteilen. Schließlich wird auch die Frage angesprochen, ob nicht der Automobilhersteller Nokia den Umstand entgegenhalten kann, dass sämtliche seiner Lieferanten von Nokia eine Lizenz verlangt haben und in einem Fall sogar eine Klage gegen Nokia auf ein Lizenzangebot erhoben worden ist.
Ferner wird die zentrale Frage gestellt, ob ein SEP-Inhaber frei ist, sich eine Marktstufe an Lizenznehmern auszusuchen und alle anderen Marktstufen von der Lizenzierung auszuschließen.
Die vom Bundeskartellamt angeregten Vorlagefragen treffen den Kern der Auseinandersetzungen. Nokia hat bestritten, dass es verpflichtet sei, jedermann eine Lizenz zu gewähren, obwohl die ETSI-Regeln, die das Standardisierungsverfahren festgelegt haben, genau dies vorsehen.
Die Fragen des Bundeskartellamts werden also dem EuGH Gelegenheit geben, das gesamte System der Standardisierung einer klärenden Betrachtung zu unterziehen und weitreichende Folgen insbesondere auch für den Bereich IoT haben. Da der Gesetzgeber in diesem wirtschaftlich enorm bedeutenden Bereich untätig geblieben ist, wird also der EuGH über das europäische Kartellrecht die künftigen Regeln setzen, wenn die deutschen Gerichte dem Antrag des Bundeskartellamts folgen und die Verfahren vorlegen.