Die Fa. Duma Forklifts aus Belgien bezog auf dem Weltmarkt außerhalb des EWR Gabelstapler des Herstellers Mitsubishi. Diese Gabelstapler verbrachte die Fa. Duma Forklifts in ein sogenanntes Zolllager, wo sie die Marken von Mitsubishi von den Gabelstaplern entfernte und eigene Kennzeichen aufbrachte. Erst danach verbrachte die Fa. Duma Forklifts die umgearbeiteten Gabelstapler in den EWR und vertrieb sie dort ohne Hinweis auf den ursprünglichen Hersteller oder Verwendung der Mitsubishi-Marken.
Die Mitsubishi-Muttergesellschaft ist Inhaberin diverser Unionsmarken „Mitsubishi“. Mitsubishi machte vor belgischen Gerichten gegenüber Duma eine Markenverletzung dieser Unionsmarken durch das Inverkehrbringen der wie oben dargestellt veränderten Gabelstapler geltend. Das Handelsgericht in Brüssel lehnte die Klage ab. Nach Berufung von Mitsubishi setzte das Berufungsgericht Brüssel das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof u.a. die Frage zur Entscheidung vor, ob die vollständige Entfernung von fremden Kennzeichen die Benutzung ebendieser Kennzeichen darstellen kann.
Der BGH hat in Bezug auf deutsche Marken wiederholt festgestellt, dass die vollständige Entfernung eines fremden Kennzeichens (sogenanntes „De-Branding“) mit den Mitteln des Markenrechts nicht untersagt werden kann (z.B. BGH GRUR 2008, 160 – Cordarone, Rn. 24). Jedoch kann das De-Branding und das anschließende Aufbringen eigener Kennzeichen zum Vertrieb der Ware unter diesen eigenen Kennzeichen (sogenanntes „Re-Branding“) unter bestimmten Umständen als Absatz- oder Werbebehinderung oder wegen einer Irreführung über die betriebliche Herkunft der Ware wettbewerbswidrig sein (BGH GRUR 2004, 1039, 1041 – SB-Beschriftung). Auf diese Rechtsprechung des BGH sowie die Rechtslage in anderen nationalen Markengesetzen von Mitgliedsstaaten der EU hat sich auch der Generalanwalt des EuGH in dem vorliegenden Verfahren bezogen. Unter Auslegung des Wortlauts, der Systematik und des Telos des Begriffs „Benutzung“ kam der Generalanwalt in seiner Stellungnahme an das Gericht zu dem Schluss, dass die vollständige Entfernung einer Marke keine Benutzung einer Marke darstellen kann.
Überraschenderweise hat der EuGH dies anders gesehen. In seiner Entscheidung stellt der EuGH insbesondere auf die – im Vergleich zur Hauptfunktion Herkunftsnachweis – weiteren Funktionen von Marken, insbesondere die Gewährleistung der Qualität der Ware und die Kommunikations-, Investitions- und Werbefunktion ab. Richtigerweise können diese weiteren Markenfunktionen beeinträchtigt sein, wenn ein Dritter die ursprünglich vom Markeninhaber stammende Ware unter eigenem Kennzeichen quasi als eigene Leistung vertreibt. Der EuGH sattelt das Pferd jedoch damit von hinten auf: Weil das De-Branding bzw. Re-Branding diese weiteren Markenfunktionen beeinträchtigten kann, soll als untersagungsfähige Benutzung einer Marke jedes aktive Tun des Verletzers zum Zwecke des erstmaligen Inverkehrbringens im EWR genügen, welches diese weiteren Markenfunktionen beeinträchtigt. Das Entfernen einer Marke, noch dazu im Zolllager, also außerhalb des Schutzbereichs der Unionsmarke, und das anschließende Inverkehrbringen im EWR der so behandelten Ware stellt also nach Ansicht des EuGH eine Benutzung der (vollständig entfernten) Marke in der EU dar.
Die Markenverletzung soll nach dem EuGH im Übrigen unabhängig von dem Umstand sein, ob die angesprochenen Verkehrskreise in der EU anschließend die gerebrandeten Waren weiterhin als solche aus der Herstellung des ursprünglichen Markeninhabers erkennen oder nicht. Das Re-Branding nehme dem ursprünglichen Markeninhaber die Möglichkeit, durch die Verwendung seiner Zeichen auf seinen Produkten die Kunden durch die Qualität seiner Waren an sich zu binden und mache entsprechende Investitionen in das Markenimage wertlos. Erstaunlich an dieser Argumentation ist, dass die isolierte Betrachtung der Beeinträchtigung einzelner Markenfunktionen offensichtlich ohne vorangehende Prüfung der Frage der Benutzung der so beeinträchtigten Marken erfolgt.
Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH diese Ansicht lediglich für einen speziellen Sonderfall getroffen hat. Möglicherweise kommt jedoch auch eine Übertragung der Grundsätze der Entscheidung auf andere Konstellationen in Betracht:
Denkbar ist z.B., bereits die Markenentfernung in Drittstaaten (für die die Unionsmarke ja keinen Schutz gewährt) als (markenverletzende) Benutzung der Unionsmarke anzusehen, wenn die Markenentfernung zum anschließend geplanten Inverkehrbringen im EWR erfolgt. Ferner kann ggf. eine Markenverletzung auch für den Fall bejaht werden, dass die Original-Marke bei bereits im EWR auf den Markt gebrachter Ware entfernt wird. Dies hätte ganz erhebliche Auswirkungen auf das Autotuning sowie den Parallelimport von Arzneimitteln. Zuletzt bleibt abzuwarten, ob auch der BGH auf die Entscheidungspraxis des EuGH einschwenkt. Das deutsche nationale Recht beruht schließlich ganz erheblich auf der EU-Markenrechtslinie der EU. Zuletzt wurden mit dem Markenrechtsmodernisierungsgesetz weitere Angleichungen an das EU-Recht in das deutsche Markenrecht vorgenommen. Auf jeden Fall bleibt die weitere Entscheidungspraxis des EuGH in diesen Konstellationen spannend.