Die Klägerin ist eine Gesellschaft nach niederländischem Recht. Sie ist Inhaberin der IR-Marke „EVEREST“, eingetragen insbesondere für Obst und Gemüse und den Handel mit diesen Waren. Die Klägerin ist ferner Inhaberin einer Unions-Wortmarke „EVEREST“, welche Schutz beansprucht für frisches Obst und Gemüse und Pilze sowie darauf bezogene Dienstleistungen. Die in Hamburg ansässige Beklagte befasst sich mit Projekten zur Gewinnung von Weide- und Anbauflächen in eigens dafür zu errichtenden Hochhäusern, u. a. unter Verwendung der Bezeichnung „EVEREST VERTICAL FARMING“.
Mit Schreiben vom 11.6.2018 mahnte die Klägerin die Beklagte aufgrund ihrer IR-Marke „EVERST“ ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Die Klägerin legte der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung bei, ohne hierin die Länder, für welche die IR-Marke Schutz genießt, im Einzelnen zu nennen. Mit Schreiben vom 18.6.2018 gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, wonach sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd die Bezeichnung „EVEREST“ für die Entwicklung und Beratung im Zusammenhang mit Vertical Farming Projekten und/oder Grundstücksprojekten im Bereich der Agrarwirtschaft zu benutzen und/oder benutzen zu lassen für die Benelux-Länder, Dänemark, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Russland. Diese Erklärung stimmte vom Wortlaut – bis auf den Länderbezug – mit der von der Klägerin vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung überein. Mit E-Mail vom 4.7.2018 erklärte die Klägerin, dass sie die Erklärung der Beklagten vom 18.6.2018 in dem abgegebenen Umfang annimmt. Ferner behielt sie sich die Geltendmachung weiterer Rechte vor, da sich die von der Beklagten abgegebene Erklärung auf die aufgezählten Länder beschränke. Sie wies mit dieser E-Mail vom 4.7.2018 erstmals darauf hin, dass sie auch Inhaberin einer Unions-Wortmarke „EVEREST“ sei. Sie forderte dementsprechend von der Beklagten die Abgabe einer weiteren Unterlassungsverpflichtungserklärung für die Länder der Europäischen Union, welche von der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 18.6.2018 nicht erfasst waren. Die Beklagte gab die des weiteren geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ab. Mit Schreiben vom 3.8.2018 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass die Beklagte auf ihrer Webseite unter der Rubrik „EVEREST“ weiterhin die Bezeichnung „EVEREST Vertical Farming“ verwenden würde. Die Klägerin nahm die Beklagte vor dem Landgericht Hamburg auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5000,00 € in Anspruch. Das Landgericht Hamburg gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht Hamburg folgte der Argumentation des Erstgerichts.
Die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung hat zwei Funktionen. Durch die Abgabe einer hinreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung wird die Wiederholungsgefahr für die beanstandeten Verstöße ausgeräumt, so dass der Unterlassungsanspruch damit erfüllt wird und nicht mehr besteht, soweit die Unterlassungsverpflichtungserklärung reicht. Des Weiteren geht es darum, dass der Verletzte einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe bei künftigen Verstößen haben möchte. Wie sich schon aus dem Bestandteil „Vertrag“ in dem Wort „Vertragsstrafe“ ergibt, besteht ein solcher Anspruch nur dann, wenn die Parteien einen Vertrag abgeschlossen haben. Wenn – wie hier – der Verletzte der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung beifügt, so liegt darin regelmäßig ein Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Unterlassungsvertrages mit diesem Inhalt (vgl. insbesondere BGH GRUR 2010, 1120, Rn. 15 – Vollmachtsnachweis; Ströbele/Hacker/Thiering, Kommentar zum Markengesetz, 13. Aufl., zu § 14, Rn. 537 m. w. N.). Ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Sollte der Verletzer die vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung unterschreiben und zurücksenden, so liegt darin eine Annahme mit der Folge, dass eine Unterlassungsvereinbarung zustandegekommen ist. Sollte der Verletzer indes die vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung ändern (z. B. die in der vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung verlangte Vertragsstrafe reduzieren) und damit eine entsprechend modifizierte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben, so liegt darin eine Ablehnung des ursprünglichen Angebotes auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages, verbunden mit einem neuen Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages mit den Änderungen, § 150 Abs. 2 BGB. In solchen Fällen kommt ein Vertrag nur dadurch zustande, dass der Verletzte seinerseits die abgeänderte strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung annimmt. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin die Abmahnung vom 11.6.2018 auf die IR-Marke gestützt und in der vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht auf die Länder beschränkt, für welche die IR-Marke geschützt ist. Die Beklagte hat ihrerseits eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, welche dem Formulierungsvorschlag der Klägerin entsprach mit der Maßgabe, dass die geschützten Länder ausdrücklich genannt wurden. Man kann sich trefflich darüber streiten, ob dies eine „Änderung“ im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB darstellt mit der Folge, dass ein neues Angebot vorliegen würde, oder eine bloße „Klarstellung“. Darauf kam es indes nicht an, weil die Klägerin mit E-Mail vom 4.7.2018 die von der Beklagten mit dem Länderbezug abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung annahm. Allerdings behielt sich die Klägerin in dieser E-Mail vor, dass sie auch weitere Ansprüche geltend machen würde, nämlich aufgrund der – in der Abmahnung vom 11.6.2018 nicht erwähnten – Unions-Wortmarke „EVEREST“. Die Hamburger Gerichte haben diesen Vorbehalt zutreffend nicht als neues Angebot gewertet, sondern festgestellt, dass durch die Annahme der Klägerin gemäß E-Mail vom 4.7.2018 eine Unterlassungsvereinbarung für die Benutzung der Bezeichnung „EVEREST Vertical Farming“ für die genannten Beneluxländer, Dänemark, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Russland zustandegekommen ist.
Wenn der Verletzer gegen die Unterlassungsvereinbarung verstößt, so schuldet er zum einen die Zahlung der Vertragsstrafe. Zum anderen steht dem Verletzten wieder ein Unterlassungsanspruch zu, wobei er eine höhere Vertragsstrafe verlangen kann als in der ersten Abmahnung, weil die in dem Unterlassungsvertrag vereinbarte Vertragsstrafe offensichtlich nicht hoch genug war, um den Verletzer von weiteren Verstößen abzuhalten.
Da die Beklagte noch am 3.8.2018, also nach Zustandekommen der Unterlassungsvereinbarung, die in Rede stehende Bezeichnung „EVEREST Vertical Farming“ verwendete, standen der Klägerin dementsprechend die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie Zahlung der Vertragsstrafe zu.