Mit der Entscheidung Spannungsversorgungsvorrichtung stärkt der BGH die Position des Patentinhabers im Hinblick auf die Höhe des Schadensersatzes bei Patentverletzung. Gemäß § 141 S. 2 PatG i.V.m § 852 BGB kann der Patentinhaber grds. auch dann Schadensersatz verlangen, wenn der Schadensersatzanspruch als solcher verjährt ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Verletzer bereichert ist. Diese Bereicherung hat der Verletzer auch nach Eintritt der Verjährung in einem Zeitrahmen von maximal 10 Jahren in die Vergangenheit an den Patentinhaber herauszugeben. Der korrespondierende Anspruch des Patentinhabers wird als Restschadensersatzanspruch bezeichnet.
Die Rechtsprechung in Deutschland hat jedoch in der Vergangenheit den Umfang der Bereicherung des Verletzers im Rahmen des Restschadensersatzanspruchs restriktiv bestimmt. In der Praxis wurde dem Patentinhaber lediglich die Berechnungsmethode „Lizenzanalogie“ zugestanden. Die Rechtsprechunng befand sich damit im bekannten Fahrwasser der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung i.S.d. §§ 812 ff. BGB. Im Rahmen der ungerechtfertigten Bereicherung wird ausschließlich die Lizenzanalogie angewendet und im Ergebnis für zurückliegende Benutzungshandlungen lediglich ein Anspruch auf eine angemessene Lizenzgebühr gewährt.
Die für den Patentinhaber ggf. wirtschaftlich günstigere Berechnungsmethode „Herausgabe des Verletzergewinns“ verweigerte die Rechtsprechung dem Patentinhaber für den Restschadensersatzanspruch regelmäßig. Dies begründete sie u.a. damit, dass ohne Beschränkung des Restschadensersatzanspruchs auf die angemessene Lizenzgebühr die Verjährung des Schadensersatzanspruchs praktisch keine Rolle spielen würde.
Dieser Rechtsprechung hat der BGH nunmehr mit der Entscheidung Spannungsversorgungsvorrichtung einen Riegel vorgeschoben. Der Patentinhaber kann vom Verletzer auch für den verjährten Zeitraum im Rahmen des Restschadensersatzes die Herausgabe des Gewinns, den dieser durch die Patentverletzung erzielt hat, verlangen. Der BGH klammert lediglich die Berechnungsmethode „konkrete Schadensberechnung“ (des Patentinhabers) aus. Denn unter dem letztgenannten Aspekt kommt eine Bereicherung des Verletzers nicht in Betracht. Dies ist nachvollziehbar.
Darüber hinaus kann der Patentinhaber gemäß der BGH-Entscheidung Spannungsversorgungsvorrichtung auch den flankierenden Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch geltend machen, um die Höhe des Verletzergewinns für die Vergangenheit berechnen zu können. Dies führt zu einer im Vergleich zu der früheren Rechtslage wesentlich umfangreicheren Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung des Verletzers bis zu zehn Jahre in die Vergangenheit. Der Verletzer schuldet in diesem (langen) Zeitrahmen umfassende Angaben zu den Gestehungskosten seines verletzenden Produkts (nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselt), dem Gewinn und (zur Plausibilisierung) der betriebenen Werbung.
Es steht zu erwarten, dass die Patentkammern und -Senate in Deutschland die BGH-Rechtsprechung rezipieren und in der Zukunft eine ggf. bis zehn Jahre in die Vergangenheit zurückreichende Schadensersatz- sowie Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung ohne Einschränkung auf die angemessene Lizenzgebühr ausurteilen.
Auf Seiten des Patentinhabers sollte daher in der Zukunft daran gedacht werden, in geeigneten Fällen den Restschadensersatz nunmehr ohne Einschränkung auf die angemessene Lizenzgebühr einzuklagen. Die Geltendmachung ohne entsprechende Einschränkung kann einen beachtlichen wirtschaftlichen Zugewinn im Hinblick auf die Höhe des Schadensersatzes darstellen.
Den Patentnutzer hingegen stellt die Entscheidung vor das Problem, dass die für die Angaben notwendigen Informationen für einen so lange in die Vergangenheit zurückreichenden Zeitraum in seinem Betrieb möglicherweise gar nicht (mehr) vorhanden sind. Hier kann dem Patentnutzer nur geraten werden, die nunmehr längere Frist zu berücksichtigen und die notwendigen Informationen/Unterlagen entsprechend lange aufzubewahren; dies nach Möglichkeit auch in digitalisierter Form. Sollte die Auskunft und Rechnungslegung dem Patentnutzer nicht oder nicht vollständig möglich sein, verlangt die Rechtsprechung, dass er hinsichtlich der Zeiträume, für die er lediglich unzureichende Informationen zur Verfügung stellen kann, eine Schätzung abgibt und dabei die Grundlagen für die Schätzung mitteilt (siehe z.B. BGH NJW 1984, 2822 – Dampffrisierstab II; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.4.1998 – 2 W 12/98). Diesen Maßstab dürfte die Rechtsprechung auch weiterhin im Rahmen der Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung anwenden.