Az. UPC_CoA_404/2023
Am 10. April 2024 hat der Court of Appeal des Unified Patent Court über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Prozessunterlagen des Gerichts entschieden.
In dem entschiedenen Fall hatte ein Rechtsanwalt Akteneinsicht in die Prozessakten eines kaufenden Verfahrens beantragt, in dem allerdings keine Geheimhaltungsanträge gestellt oder -anordnungen ergangen waren.
Das Berufungsgericht wies im Ergebnis den Einsichtsantrag zurück.
Obwohl nach R.262.1(b) der Verfahrensordnung „Schriftsätze und Beweismittel, die beim Gericht eingereicht und von der Kanzlei aufgenommen worden sind, der Öffentlichkeit auf einen an die Kanzlei zu richtenden begründeten Antrag zugänglich zu machen“ sind, wurde die Akteneinsicht verweigert, da kein eigenes rechtliche Interesse an der Einsicht geltend gemacht werden konnte.
Der öffentliche Zugang zu der Gerichtsakte während des laufenden Verfahrens wird nur gewährt, sofern ein spezifisches Interesse dargelegt werden kann, z.B. wenn der Antragsteller vom Patent in ähnlicher Weise betroffen ist. Die Gerichtsakten sind jedoch geheim zu halten, bis die Instanz beendet ist.
Nach dem Abschluss der Instanz wird die Einsicht in die Akte ggf. betreffend vertrauliche Teile geschwärzt oder anonymisiert jedermann ohne ein besonderes Interesse gewährt.
Die Leitsätze des Gerichts lauten:
– Art. 9(1) EPGÜ ist so auszulegen, dass das Berufungsgericht, wenn der Gegenstand des Berufungsverfahrens nur nichttechnischer Natur ist und keine technischen Fragen auf dem Spiel stehen, die Angelegenheit entscheiden kann, ohne dass es zwei technisch qualifizierte Richter in sein Gremium von drei rechtlich qualifizierten Richtern entsenden muss. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass sich die technisch qualifizierten Richter, sobald sie zugewiesen sind, als Richter mit dem gesamten Rechtsstreit, einschließlich der nichttechnischen Aspekte, befassen müssen.
– Wird ein Antrag auf Bereitstellung von Schriftsätzen und Beweismitteln für die Öffentlichkeit gemäß R.262.1(b) der Verfahrensordnung gestellt, sind die Interessen der Öffentlichkeit am Zugang zu den Schriftsätzen und Beweismitteln gegen die in Art. 45 EPGÜ genannten Interessen abzuwägen. Diese Interessen umfassen den Schutz vertraulicher Informationen und personenbezogener Daten („das Interesse einer der Parteien oder anderer betroffener Personen“), sind aber nicht darauf beschränkt. Das allgemeine Interesse der Justiz und der öffentlichen Ordnung muss ebenfalls berücksichtigt werden. Zum allgemeinen Interesse der Justiz gehört der Schutz der Integrität des Verfahrens.
– Ein begründeter Antrag nach R.262.1(b) der Verfahrensordnung ist nicht dasselbe und muss von einem Antrag nach R.262.3 der Verfahrensordnung unterschieden werden.