OLG München, Urt. V. 20.03.2025 – 6 U 3824/22 Kart – Sprachsignalcodierer, GRUR-RS 2025, 5771, Revision anhängig unter KZR 10/25
Nach seinem Hinweisbeschluss (v. 30.10.2024 – 6 U 3824/22 Kart, GRUR 2025, 246) und einer Amicus-Curiae-Eingabe der Europäischen Kommission vom 15.4.2024 hat nunmehr das OLG München die Beklagte zur Unterlassung verurteilt (aus einem Patent, das für den EVS-Standard als standardessenziellen angesehen wurde).
Die Begründung liegt darin, dass die Beklagte die erforderliche Sicherheit gegenüber der SEP-Inhaberin nicht geleistet habe. Nach den vom EuGH vorgegebenen Schritten muss der Beklagte nach der Ablehnung seines Gegenangebots eine angemessene Sicherheit leisten.
Das OLG bekräftigt zunächst seine Ansicht aus dem Hinweisbeschluss, wonach die Sicherheitsleistung den Betrag ausmachen muss, der sich aus dem Lizenzvertragsangebot des Klägers ergibt. Die zu leistende Sicherheit muss also die gesamte Lizenzgebühr abdecken, die der Kläger verlangt. Dabei wird vom Gericht nicht überprüft, ob die vom Kläger verlangte Lizenzgebühr FRAND ist oder nicht. Wenn das Angebot ein Portfolio von Patenten umfasst und die Lizenz „weltweit“ erteilt werden soll, muss auch dies von der Sicherheitsleistung abgebildet werden.
Das Urteil ergänzt diese Auffassung damit, dass die Sicherheit eine „qualifizierte Sicherheit“ sein müsse. Diese Qualifizierung der zu erbringenden Sicherheit liege darin, dass der Verletzer eine rechtlich verbindliche Erklärung abgeben muss, dass der SEP-Inhaber den verbürgten/hinterlegten Geldbetrag erhalte, wenn sich herausstellt, dass das unterbreitete Lizenzangebot FRAND war. Dabei genüge es, wenn das (zuletzt) unterbreitete Angebot zumindest „gerade noch“ in der Bandbreite liege, die als FRAND bezeichnet werden könne. Wie groß eine solche Bandbreite allerdings ist und mit welcher Genauigkeit Gerichte dies dann überprüfen werden, ist völlig ungeklärt und offen.
Erbringt der Beklagte entweder die Sicherheit nicht in der verlangten Höhe oder fehlt eine solche Erklärung, wonach er sich verpflichte, den Lizenzvertrag mit der verlangten Höhe der Lizenz abzuschließen, wenn der Lizenzvertrag irgendwann später vom Gericht als FRAND angesehen werde, verliert er den FRAND-Einwand, ohne dass das Gericht die verlangte Lizenzhöhe überprüft.